Künstliche Intelligenz in der Endlagersuche: nur unter transparenten Bedingungen
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Pressemitteilung
Freiburg/Berlin, 8. Dezember 2022
Künstliche Intelligenz in der Endlagersuche: nur unter transparenten Bedingungen
Künstliche Intelligenz kann bei der Suche nach einem Endlagerstandort für hochradioaktive Abfälle in Deutschland zur Kontrolle, Analyse und Auswertung von geologischen Datensätzen eingesetzt werden. Sie darf dabei im Standortauswahlverfahren ausschließlich unterstützen. Ihre Ergebnisse müssen reflektiert und einem Plausibilitätscheck unterzogen werden und dürfen nicht die alleinige Entscheidungsgrundlage sein. Das zeigen die heute veröffentlichten Ergebnisse eines Forschungsprojektes zum Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) bei der Endlagersuche.
„Das Standortauswahlgesetz stellt hohe Anforderungen an die Transparenz bei der Suche nach einem Endlager gegenüber Bürgerinnen und Bürgern“, fasst Judith Krohn, Expertin für Endlagerfragen und Projektleiterin am Öko-Institut zusammen. „Sämtliche Entscheidungen müssen nachvollziehbar oder erklärbar sein, nicht zuletzt damit das Vertrauen der Bevölkerung im Beteiligungsprozess erhalten bleibt.“
Bewertungsinstrument für künstliche Intelligenz
Im Auftrag des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) hat das Forschungsteam aus dem Öko-Institut und der TU Clausthal jetzt die Bedingungen für den Einsatz von KI identifiziert. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben dafür in interdisziplinärer Zusammenarbeit ein Schema entwickelt, mit dem sie bewerten können, ob eine KI-Anwendung bei geowissenschaftlichen Untersuchungen im Standortauswahlverfahren verwendet werden kann oder nicht.
Ihre Analyse zeigt: Künstliche Intelligenz kann dort Lösungen bieten, wo klassische Verfahren an ihre Grenzen kommen. So müssen etwa über Deutschlands geologische Beschaffenheit große Mengen an Daten verarbeitet werden, die in vielen, teils historischen Formaten vorliegen und oft lückenhaft sind. Außerdem können geologische Prozesse und Prognosen nur komplex und aufwendig modelliert und berechnet werden – eine Aufgabe, die KI unter bestimmten Voraussetzungen übernehmen kann.
„Den größten Gewinn kann die KI bringen, wenn sie die komplexen und gekoppelten geologischen Prozesse zur Bewertung der Langzeitsicherheit besser abbilden würde“, erklärt Dr. Florian Krob, Geowissenschaftler am Öko-Institut. „Denn genau da werden Modellberechnungen schnell aufwendig und lassen sich mit herkömmlichen Methoden kaum darstellen.“
Grenzen von KI: Transparenz und Verzerrungen
Gleichzeitig müssen der künstlichen Intelligenz Grenzen gesetzt werden, so das Forschungsteam. Dabei sei Transparenz oberstes Gebot für ihren Einsatz. So sollte KI flankierend zu klassischen Methoden wie der geologischen Datenerhebung und -auswertung oder der Modellierung von kombinierten Prozessen eingesetzt werden – und nicht umgekehrt.
Zudem bestünde bei selbstlernenden Systemen wie der KI stets die Gefahr, dass diese mit unpassenden oder zu wenigen Daten gespeist werden und so ein falsches Bild bei der eigenständigen Auswertung entsteht. Auch einseitige Vorannahmen bei der Programmierung könnten zu Verzerrungen bei den Ergebnissen, sogenannten Bias, führen.
„Bei der Endlagersuche sollte künstliche Intelligenz eher ergänzend zu klassischen Methoden genutzt werden“, fordert Krohn. „Sie kann zum Beispiel Datensätze gegenprüfen, Fehler finden und auf Unstimmigkeiten hinweisen. Diese Stärken von KI können wir nutzen, ohne dass die zum Teil undurchsichtigen Mechanismen die sensiblen Entscheidungsprozesse bestimmen.“
KI auch sinnvoll für Beteiligungsprozesse?
Die Forschenden weisen in der Studie auch auf offene Fragen beim Einsatz von KI bei der Öffentlichkeitsbeteiligung hin. So könnten zwar stetig wachsende Datenmengen in Beteiligungsverfahren – wie bereits erfolgte Einwendungen oder Fragen und Antworten im Rahmen von in der Vergangenheit geführten Diskussionen – mittels einer KI besser ausgewertet werden. Gleichzeitig berge künstliche Intelligenz die Gefahr, dass viele Menschen die häufig nicht nachvollziehbaren Auswertungen nicht akzeptierten. Daher sei die abschließende Bewertung, in welchen Einsatzgebieten und unter welchen Voraussetzungen künstliche Intelligenz im Beteiligungsprozess wirklich von Nutzen für die Endlagersuche sein kann, noch offen.
Ansprechpartnerin und -partner am Öko-Institut
Dipl.-Ing. Judith Krohn
Senior Researcher im Bereich
Nukleartechnik & Anlagensicherheit
Öko-Institut e.V., Büro Darmstadt
Telefon: +49 6151 8191-160
E-Mail: j.krohn@oeko.de
Dr. Florian Krob
Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich
Nukleartechnik & Anlagensicherheit
Öko-Institut e.V., Büro Darmstadt
Telefon: +49-6151-81 91 142
E-Mail: f.krob@oeko.de
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