Deutscher Philologenverband e.V.
Das Wiederholen eines Schuljahres bietet auch Chancen!
Meidinger: "Sitzenbleiben ist keine Strafmaßnahme, Wiederholer erreichen im Durchschnitt höhere Abschlüsse!"
Berlin (ots)
Anlässlich des Schuljahresendes in Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg stellt der Deutsche Philologenverband fest, dass das Wiederholen eines Schuljahres nicht als Strafmaßnahme oder als sinnlose Verschleuderung von Steuergeldern abqualifiziert werden darf. "Wenn ein Schüler am Ende eines Schuljahres trotz frühzeitiger Warnung und Förderung das Klassenziel in mehreren Unterrichtsfächern nicht erreicht hat, ist es sinnvoller, ihm die Möglichkeit zu geben, den Unterrichtsstoff in Ruhe aufzuholen, statt ihn nach einer Versetzung mit zusätzlichen Frustrations- und Überforderungserlebnissen zu konfrontieren", sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, in Berlin.
Der DPhV-Vorsitzende verwies auf eine ausführliche Untersuchung des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), das in einer Längsschnittstudie die Bildungskarrieren von 2500 Schülern analysiert hat. Das Ergebnis: Jeder zweite Sitzenbleiber schafft einen besseren Abschluss als ein vergleichbarer Nicht-Sitzenbleiber. Das Risiko, die Schule mit einem niedrigen Bildungsabschluss zu beenden, ist bei den Wiederholern um ein Viertel niedriger als bei der Vergleichsgruppe.
Tatsache sei, so Meidinger, dass die Wiederholung eines Schuljahres häufig den Auftakt für eine erfolgreichere Schulkarriere bildet. Nicht zu unterschätzen sei auch, dass durch die erneute Auseinandersetzung mit dem Lernstoff und die damit wieder verbundenen Erfolgserlebnisse das oft geringe Selbstbewusstein des Schülers gestärkt werden kann. Oft sei überdies zu beobachten, dass Schüler nach einer Ehrenrunde ihr Verhalten deutlich änderten.
"Ohne das Sitzenbleiben hätten also vielleicht Ministerpräsidenten wie Herr Stoiber und Herr Wulff ihre gymnasiale Schullaufbahn nicht erfolgreich abschließen können", kommentierte Meidinger diese Ergebnisse schmunzelnd.
Nach Analysen des DPhV ist ferner die Behauptung unrichtig, dass die meisten Schüler nur wegen schlechter Leistungen in einem oder zwei Fächern sitzen bleiben. Mehr als die Hälfte der Schüler müssten wegen mangelhafter oder ungenügender Noten in mindestens drei Fächern das Schuljahr wiederholen. Solche Leistungsrückstände, so Meidinger, ließen sich kaum individuell ohne Wiederholen eines Schuljahres aufholen. Für diese Schüler sei das Wiederholungsjahr keine Strafmaßnahme, sondern "staatlich finanzierter Nachhilfeunterricht", um wieder den schulischen Anschluss zu finden.
Aber: Sitzenbleiberquoten können und sollen reduziert werden! Bislang fehlen Stellen für individuelle Fördermaßnahmen!
Der DPhV-Vorsitzende machte aber auch deutlich, dass durch eine möglichst umfangreiche individuelle Förderung die Zahl der Wiederholer gesenkt werden könne und müsse. Meidinger betonte: "Das Sitzenbleiben ist immer natürlich auch eine persönlich schmerzhafte Erfahrung, die besser vermieden werden sollte. Für die notwendigen Fördermaßnahmen vor einer drohenden Nichtversetzung brauchen die Schulen aber die dafür erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen. Ich kenne viele Bundesländer, die angekündigt haben, die Sitzenbleiberquoten zu reduzieren, ich kenne aber bislang kein Bundesland, das dafür Geld auszugeben bereit ist. Ein solches Verhalten ist nicht ehrlich und inkonsequent!"
Er forderte alle Bundesländer auf, im nächsten Schuljahr dazu nicht nur die fehlenden Förderkonzepte vorzulegen, sondern auch die dafür notwendigen Lehrer einzustellen.
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