Wahlleistungen sind Privatmedizin - Krankenkassen bevormunden die Bürger
Essen (ots)
Nach Veröffentlichung des sogenannten IGeL-Monitors wettern die gesetzlichen Krankenkassen wieder einmal gegen Ärzte: Wahlleistungen seien weitgehend unnötig und vor allem "ein Griff der Ärzte ins Patienten-Portemonnaie", ließ der Sprecher des Krankenkassen-Spitzenverbands, Florian Lanz, verlauten. Der Vorsitzende der Freien Ärzteschaft (FÄ), Wieland Dietrich, weist dies scharf zurück: "Ob solche Leistungen im individuellen Fall notwendig und medizinisch sinnvoll sind, entscheiden allein Patient und Arzt", sagte Dietrich am Donnerstag in Essen. "Wahlleistungen sind legitime Privatmedizin. Jeder Kassenarzt ist auch Privatarzt und berechtigt, den Bürgern Wahlleistungen anzubieten. Und für die Privatmedizin sind die gesetzlichen Krankenkassen nicht zuständig."
Die Kassen sollten sich um ihre Aufgaben kümmern, wie die angemessene Finanzierung der ambulanten Kassenmedizin. Diese sei ohnehin massiv unterfinanziert und unter den geltenden Bedingungen nur noch schwer aufrechtzuerhalten, betont der FÄ-Chef. "Das merken die Bürger, sie spüren, dass in der Kassenmedizin für hochwertige Gesundheitsberatung etwa zu Ernährung, Reisemedizin oder Vorsorge kaum Platz ist. Es ist zudem unstrittig, dass viele moderne medizinische Leistungen wie die Auflichtmikroskopie in der Dermatologie, spezielle Ultraschalluntersuchungen in der Frauen-, Augenheilkunde und Allgemeinmedizin oder schonende Laserbehandlungen keine Kassenleistungen sind. Die Bürger nehmen deshalb Wahlleistungen regelmäßig freiwillig in Anspruch."
Auch dass es ein Informationsdefizit der Bürger gebe, sei nicht nachvollziehbar. "Es war noch nie so einfach, sich umfassend über medizinische Leistungen zu informieren", betont Dietrich. "Jeder Bürger kann darüber hinaus seine Fragen mit seinem Arzt besprechen. Es wird immer nach dem mündigen Patienten und Bürger verlangt - aber die Kassen bevormunden den Bürger, indem sie suggerieren, er würde etwas falsch machen, wenn er sich für Wahlleistungen entscheidet." Die gesetzlichen Krankenkassen reklamierten für sich, eine universelle Medizin "anzubieten", wozu sie aber gar nicht in der Lage seien. "Es ist nicht bekannt", so der FÄ-Chef weiter, "dass eine Kasse jemals einen Patienten geheilt hätte. Die medizinischen Leistungen erbringen immer noch Ärzte und andere Heilberufler mit ihrem Fachwissen und ihrer Empathie."
Durch Wahlleistungen sparten die Kassen mitunter auch Geld, weil an diesem Punkt keine Kassenleistung stattfinde. Der Patient verzichte mitunter auf die Kassenleistung zugunsten einer Wahlleistung. Dietrich erläutert das an einem Beispiel: "Bestimmte Hautkrebsvorstufen kann man als Kassenleistung operieren oder man kann teure Medikamente zulasten der Kasse verordnen. In vielen Fällen lassen sich diese Tumorerkrankungen aber auch anders entfernen: als Wahlleistung per Laser. Dann wird die Operation überflüssig, es fallen für die Krankenkasse also keine Kosten an. Viele Patienten bezahlen lieber selbst eine weniger invasive Behandlungsmethode, als sich operieren zu lassen, wenn es vermeidbar ist." Auch der wiederkehrende Vorwurf, die Ärzte würden sich an Wahlleistungen bereichern, lasse sich an diesem Beispiel widerlegen: Denn das Lasern derartiger Risikostellen sei mitunter sogar kostengünstiger als eine Operation. Mit alternativen Wahlleistungsmethoden ließen sich also oft teure Operationen vermeiden - das gelte für verschiedene ärztliche Fachgebiete.
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
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