Deutscher Ärztetag fordert Stopp des Roll-outs von e-Rezept und e-AU, Beschränkung von Investoren-MVZs und setzt sich für einen Gebühren-Ausgleich bei der GOÄ ein
Eseen (ots)
Der 126. Deutsche Ärztetag 2022 hat ein klares Signal an Bundesminister Lauterbach in der Telematik-Frage gesendet. In vielen Beschlüssen fordert er Ministerium und Gematik auf, die Serien von Pleiten, Pech und Pannen zu beenden und die kommenden Anwendungen e-Rezept und e-Au erst einzuführen, wenn es aussagekräftige, erfolgreich abgeschlossene Feldtests gäbe. "Der Minister selbst hat zugegeben, dass e-Rezept und e-Au in der vorliegenden Form keinen Fortschritt darstellen", so Dr. Silke Lüder auf dem Ärztetag in Bremen. Aber statt jetzt die Reißleine zu ziehen, lässt er seine Unterbehörde Gematik einfach weiter machen, zum Schaden von Praxen und Patienten, so Lüder.
Gemäß Koalitionsvertrag will Lauterbach jetzt die lange versprochene Freiwilligkeit der zentralen Datenspeicherung für Patienten bei der elektronischen Patientenakte abschaffen. Jeder Versicherte bekommt dann von an Geburt automatisch diese zentrale Akte in der Cloud und kann sich nur durch aktiven Widerspruch daraus befreien, eine "Zeitenwende", die nicht nur vom Bundesdatenschützer kritisch gesehen wird. Dabei ist die ePA in der bisher vorgestellten Form für Ärztinnen und Ärzte und auch für vor allem ältere Patienten völlig unbrauchbar, so Lüder auf dem Ärztetag in Bremen. "Auf einen Antrag aus unseren Reihen beschloss das Ärztetags-Plenum in Bremen allerdings, dass die rechtliche Zulässigkeit des sogenannten Opt-Out-Verfahrens bei der elektronischen Patientenakte insbesondere im Hinblick auf die Datenschutzgrundverordnung unter Hinzuziehung beispielsweise des Bundesdatenschutzbeauftragten umgesetzt werden muss. Dieser hatte schon im Jahr 2021 geäußert, dass ein solches Opt-Out-Verfahren in der Datenschutzgrundverordnung grundsätzlich nicht angelegt sei. "Uns geht es hier gar nicht um einen abstrakten Datenschutz", so Lüder in Bremen. "Es geht um einen negativen Paradigmenwechsel, der die Freiwilligkeit für Patienten, die ärztliche Schweigepflicht und die informationelle Selbstbestimmung aushebelt und die Krankheitsdaten künftig zur Handelsware verkommen lässt."
Der Ärztetag in Bremen hat sich außerdem klar gegen ein weiteres Aufkaufen von bisher freiberuflichen Arztpraxen durch private-equity-Investorengruppen ausgesprochen - in seltener Einigkeit von Klinik und Praxisvertretern. "Nun hoffen wir", so Wieland Dietrich, "dass diesen Beschlüssen auch politische Taten in Berlin folgen". Außerdem ging es in Bremen darum, wie man als Ärzteschaft auf die Ankündigung Lauterbachs, die GOÄ Novellierung in dieser Legislaturperiode nicht umzusetzen, reagieren kann. "Hier beschloss das Ärztetags- Plenum", so Dietrich, "dass die Bundesärztekammer ab dem Stichtag 31.12.2022 als Ultimatum verpflichtet wird, die Ärzteschaft zur Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) über die rechtskonforme Möglichkeit der Anwendung besonderer Honorarvereinbarungen (sog. Abdingung) mit höheren Steigerungsfaktoren vor allem für Gesprächs, Untersuchungsleistungen und andere zuwendungsintensiven Arztleistungen nachhaltig zu informieren." Auch die Landesärztekammern sollten sich an der Aufklärung darüber dann beteiligen, so der Beschluss des Deutschen Ärztetages in Bremen.
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
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