Neue OZ: Kommentar zu Afghanistan
Osnabrück (ots)
Tödlich naiv
Verteidigungsminister Jung steht vor einem Desaster: Über Jahre erklärte die Regierung, Nordafghanistan sei relativ ruhig, da die Bundeswehr dort Brunnen baue, also der Bevölkerung helfe. Im Unterschied zu angeblich schießwütigen Amerikanern, die im Süden des Krisenherdes nur kämpfen, aber keinen Wiederaufbau betreiben würden. An dieser These stimmte ohnehin nie ein Wort. Allein schon deshalb nicht, da die USA und Großbritannien den einst stabilen Norden an Deutschland übertragen haben. Angesichts stundenlanger Gefechte, vieler Raketenangriffe und eines weiteren gefallenen deutschen Soldaten bricht das Bild vom uniformierten deutschen Wiederaufbauhelfer nun aber völlig in sich zusammen.
Deutschland befindet sich in einem Terror-Guerilla-Krieg. Die Bundeswehr muss sich auf weitere Todesopfer einstellen. Denn die Taliban haben ihre Frühjahrsoffensive vom Süden des Krisenherdes auf den Norden ausgeweitet. Die Bundesregierung hat sich stets geweigert, Soldaten an die Front zu schicken, um den Vormarsch der Taliban zu stoppen. Jetzt kommt die Front zur Bundeswehr, denn die Extremisten haben den deutschen Posten in Kundus im Visier. Warnungen vor dieser fatalen Entwicklung hat Berlin fahrlässig ignoriert. Stattdessen forderten deutsche Politiker von den USA mutig einen Dialog mit den Taliban im umkämpften Süden. In Kundus haben sie nun selbst die Möglichkeit zu beweisen, dass dieser Ratschlag nicht tödlich naiv ist.
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