Neue OZ: Kommentar zu Europa
Finanzkrise
Sarrazin
Osnabrück (ots)
Sarrazin, der alte Zündler
Die Methode ist sattsam bekannt. Thilo Sarrazin greift kritische gesellschaftliche und politische Strömungen auf, spitzt in kalkulierter Provokation extrem zu und genießt dann selbstgerecht die reflexartig aufflammende Empörung. Erst Integration und "Kopftuchmädchen", jetzt der Euro und "die Griechen": Der geschäftstüchtige Finanzfachmann und Sozialdemokrat zielt mit seinen kruden Thesen auf Verkaufsquoten und Stammtische. Er sagt die Sachen, die viele denken, deckt in der Tat manche "Lebenslüge" auf. Gefährlich macht den Mann, dass er aus dem Statistik-Wust seines ersten Buchs abstoßende Thesen zur Intelligenz von Ausländern und zum Erbgut von Juden herausfilterte. Nicht minder bedenklich ist die verwegene Verquickung von Euro und Holocaust in seinem neuen Werk. Hinter Bergen von Daten und Fakten, die im Einzelnen durchaus einer Prüfung standhalten mögen, bringt er seine Ressentiment-Kanonen in Stellung, deren Geböller für Eurokritiker und Europagegner ein Freudenfeuerwerk ist.
Allerdings: Anders als in seinem ersten Bestseller äußert sich Sarrazin aktuell über ein Fach, von dem er viel versteht. Er tritt auf wie ein lebender Taschenrechner, das musste in der "Jauch"-Talkrunde bei aller Schlagfertigkeit auch Peer Steinbrück erkennen. Die europolitische, ja globale Dimension des Euro blendet Autist Sarrazin aber weitgehend aus. Traut ja dem Euro nicht, heißt seine dumpfe These. Sarrazin ist und bleibt ein Zündler.
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