Neue OZ: Kommentar zu Musik
Auszeichnungen
Osnabrück (ots)
Männerbündlerisch
Der Siemens-Musikpreis gilt als musikalisches Äquivalent zum Literaturnobelpreis. In einem Punkt unterscheidet er sich allerdings wesentlich vom Preis der schwedischen Akademie: Die Siemens-Jury zaubert keine exotischen Überraschungssieger aus dem Hut. Nein, die Liste der Preisträger versammelt maßgebliche Namen der westlichen Musikgeschichte, von Britten bis Berio, von Karajan bis Brendel, von Abbado bis Jansons.
Höchst merkwürdig ist ein anderer Umstand: Seit Benjamin Britten 1974 den ersten Siemens-Musikpreis entgegengenommen hat, haben die Juroren exakt eine Frau ausgezeichnet: Anne-Sophie Mutter. Als gäbe es keine Sofia Gubaidulina, keine Martha Argerich, keine Waltraud Meier, die Liste lässt sich beliebig verlängern. Die letzten musikalischen Männerbünde waren die Philharmoniker in Wien und Berlin, und selbst die merkten, dass es an der Zeit war, die frauenfeindliche Haltung aufzugeben. Wie lang die Siemens-Jury dazu wohl noch braucht?
Ralf Döring
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