Neue OZ: Kommentar zu Ausland/EU/Finanzen/Zypern
Osnabrück (ots)
Palast auf Zypern oder Konto in London?
Zypern hat mit dem zurückgetretenen Finanzminister Michael Sarris ein Bauernopfer gefunden. Doch damit hat sich Präsident Nikos Anastasiades noch nicht aus der politischen Schusslinie gebracht.
Als seien die Zukunftsaussichten des Landes nach dem Zusammenbruch des Bankensektors nicht schon düster und die soziale Lage angespannt genug: Nun kommt der Verdacht hinzu, Zyperns Elite habe Teile ihres Vermögens vor Inkrafttreten der Zwangsabgabe ins Ausland gebracht.
Die starken Kapitalabflüsse Mitte März deuten darauf hin. Schnell ist von Insiderhandel die Rede. Der Vorwurf wiegt schwer. Ihn etwa gegen den Schwiegersohn des Präsidenten zu erheben, fällt aber leichter, als ihn zu beweisen. Oder würde ein Kapitalflüchtling dumm genug sein, sich eine Warnung aus Regierungskreisen schriftlich bestätigen zu lassen? Zumal EU-Politiker schon Tage vor dem Beschluss der Zwangsabgabe öffentlich sagten, dass die Konteninhaber auf Zypern bluten sollten. Hinter der Kapitalflucht muss also keine kriminelle Energie stecken. Es kann auch schlicht rationales Handeln gewesen sein.
Präsident Anastasiades hilft das nicht. Sollte sich herausstellen, dass seine Familie ungeschoren durch die Krise kommt, dürfte seine Amtszeit nicht mehr lange dauern. Aber was ist besser - ein Präsidentenpalast in einem Pleiteland oder ein volles Konto in London? Viele Zyprer stellen sich wirklich existenzielle Fragen. Die Angst vor Armut geht um.
Michael Clasen
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