Neue OZ: Kommentar zu Kunst
Geschichte
Nationalsozialismus
Osnabrück (ots)
Dreckiger Fund
Der Mann ist offenbar aus der Zeit gefallen wie die Bilder, die er hortete. Hinter einer Allerweltsfassade lebte Cornelius Gurlitt im kleinsten schönsten Museum der Welt und zugleich mit der ganzen Last einer skurrilen Geschichte aus Schönheit und Raub, Kunst und Mord. Die Nachricht von dem Schwabinger Jahrhundertfund liest sich so abenteuerlich, weil sie wie in einem Brennspiegel fokussiert, worum es bei Raubkunst geht: um erlesenen Geschmack und gemeine Rohheit.
Doch nun geht es um Fragen und Folgen des schmutzigen Fundes. Sind wirklich alle Bilder echt? Und wem gehören sie? Allein diese Fragen zu beantworten setzt eine Sisyphusarbeit voraus. Nicht nur die Nachfahren der beraubten, vertriebenen und oft auch ermordeten Vorbesitzer werden nun nach ihren Bildern fragen. Auch Museen können darauf hoffen, wenigstens einige jener Kunstwerke zurückzuerhalten, die die Nazis aus ihren Sammlungen entführten. Eines steht fest: Auktionshäuser werden über Jahre neue Versteigerungsrekorde vermelden können. Denn die Schwabinger Bilder stehen für die begehrtesten Namen der Moderne. Und viele von ihnen werden in Auktionen gehen. Der Fund wirkt auf den Handel wie eine Konjunkturspritze. Und er wird die Schatzsucher antreiben, die nun den nächsten Sensationscoup landen wollen. Der Fund macht aber auch all jenen Mut, die weiter daran glauben, dass Unrecht am Ende doch nicht Unrecht bleiben muss.
Stefan Lüddemann
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