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Neue OZ: Kommentar zu Prozess
Wulff

Osnabrück (ots)

Lehrstück für jeden

Kurios: Da wird ein immenser Aufwand betrieben mit einem Prozess, dessen Ausgang eigentlich egal ist. Wird Christian Wulff freigesprochen, werden seine Kritiker behaupten, juristisch sei ihm nicht beizukommen. Moralisch aber sei sein Verhalten verwerflich gewesen. Muss der Ex-Präsident zahlen, ist die Sache sowieso klar.

Somit liegt die eigentliche Relevanz der Affäre nicht darin, ob nach Dutzenden und teils lächerlichen Anschuldigungen nun ein justiziabler Verstoß vorliegt oder nicht. Wulffs Geschichte ist vielmehr die einer klassischen Tragödie. Aus einfachen Verhältnissen stammend, arbeitete er sich beharrlich nach oben. Rückschläge gab es reichlich. Doch Wulff wuchs daran, lag später sogar ganz vorn im Ranking der beliebtesten Politiker.

Nur: Irgendwann in diesen Jahren, vielleicht als gerechten Lohn für seinen Weg empfunden, wuchsen die Ansprüche. Immer noch mühte sich Wulff, einwandfrei zu arbeiten. Eine böse Absicht zu unterstellen geht fehl. Aber zu sehr legte Wulff es darauf an, die Früchte seines Erfolgs zu genießen - auch dann, wenn sie faulig waren.

Was folgte, ist bekannt: Zwei Ehen zerbrochen, das Amt verloren, finanziell am Boden und von Häme verfolgt. Vor Gericht mag nun also ein Urteil ergehen. Die eigentliche Aufarbeitung findet aber besser andernorts statt. Denn jeder sollte aus diesem Lehrstück seine eigenen Schlüsse ziehen. Ob neidzerfressener Ankläger oder auch selbst mal in Gefahr, die Erdung zu verlieren: In diesem Drama findet sich jeder wieder.

Burkhard Ewert

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