Neue OZ: Neue OZ - Interview mit Michael Sommer, DGB-Chef
Osnabrück (ots)
DGB schlägt Alarm: Skandal bei Verhandlungen zu Freihandel und Investitionsschutz
Sommer kritisiert geplante private Schiedsgerichte für Wirtschaftsfragen und Beschluss zum Schutz von Investitionen - Klage gegen Mindestlohn?
Osnabrück. Der DGB beklagt einen "Skandal wenige Tage vor der Europawahl" und warnt das Europaparlament davor, den Bürgern massiv zu schaden. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch) kritisierte DGB-Chef Michael Sommer damit die laufenden Verhandlungen der USA und der EU über ein Freihandelsabkommen und speziell einen Beschluss des EU-Parlaments zum Schutz ausländischer Investitionen. Er sei alarmiert, sagte Sommer. Er wies darauf hin, dass Firmen und Konzerne neue Möglichkeiten erhalten sollten, Staaten wegen angeblicher Einschränkungen ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu verklagen. So habe das Europaparlament bereits festgelegt, dass die nationalen Parlamente und Regierungen verpflichtet werden könnten, private Schiedsgerichte anzuerkennen. "Damit ergeben sich enorme Klagemöglichkeiten von Konzernen gegen nationalstaatliche Regelungen. Das ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich um einen vernünftigen Freihandel bemühen, ein Skandal wenige Tage vor der Europawahl." Sommer warnte vor direkte Eingriffe in deutsche Gesetze. "Man stelle sich nur mal vor, da kommt ein US-Konzern und klagt dagegen, dass es in Deutschland einen Mindestlohn gibt, weil dieser angeblich Investitionen gefährdet. Die Frage würde dann nicht in einem öffentlichen und demokratischen Verfahren entschieden, sondern vor einem privaten Schiedsgericht, "das auch noch geheim tagt und bei dem es keine Einflussmöglichkeiten gibt". Der DGB-Chef betonte, die deutschen Gewerkschaften seien zwar für freien Welthandel. Dieser müsse aber fair sein und soziale Standards und Umweltstandards respektieren.
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uwe
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DGB mahnt Koalition: Bei Mindestlohn und Rente mit 63 Wort halten
Sommer droht andernfalls mit "massivem Widerstand"
Osnabrück. In der Endphase der Beratungen über den Mindestlohn und die abschlagfreie Rente mit 63 mahnen die Gewerkschaften die Koalition, Wort zu halten. DGB-Chef Michael Sommer sagte in einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch), er könne nur jeden warnen, der die Regelungen aufweichen oder zur Disposition stellen wolle. Zugleich mahnte er selber Korrekturen an. Sommer betonte: "Die schwarz-rote Koalition gäbe es nicht ohne die Übereinkünfte zur Rente und zum Mindestlohn. Diese Koalition hängt auch an der Frage, ob sie ihr Wort hält in Sachen Mindestlohn, Tarifpaket und Rente." Mit Hinweis auf kommende Wahlen fügte er hinzu: "Die Gewerkschaften werden entschlossen reagieren, wenn die Abmachungen nicht eingehalten werden. Dann ist mit massivem Widerstand zu rechnen. Der DGB-Chef betonte, Gewerkschaften seien strikt gegen Ausnahmen beim geplanten Mindestlohn von 8,50 Euro. Unerträglich sei, dass Langzeitarbeitslose ein halbes Jahr lang vom Mindestlohn ausgenommen werden sollten: "Ich halte das für eine unglaubliche Diskriminierung und hoffe sehr, dass das Parlament dies korrigiert. Das gleiche gilt auch für die Altersgrenze 18 Jahre, eine unsinnige Regelung. Man könnte einfach sagen: Bei Arbeitsverhältnissen gilt immer der Mindestlohn, bei Ausbildungsverhältnissen nicht."
Mit Blick auf die Rente mit 63 mahnte Sommer, eine vernünftige Lösung sei ohne eine Anrechnung der Arbeitslosenzeiten nicht denkbar. Zur Debatte um Frühverrentungen sagte der DGB-Vorsitzende, Missbrauch lasse sich vermeiden. Er forderte, "dass Unternehmen, die Mitarbeiter früh nach Hause schicken wollen, die Kosten nicht mehr auf die Sozialversicherung abwälzen können, sondern sie in voller Höhe erstatten müssen".
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