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NOZ: Interviews mit Christian Wulff, früherer Bundespräsident

Osnabrück (ots)

Wulff strebt wieder aktive Rolle an

Alt-Präsident will sich als Handelnder Themen der Zukunft widmen - "Ohne Rachegelüste" - Mit seiner Frau auf neue Weise wieder vereint

Osnabrück. Anderthalb Jahre nach seinem Freispruch strebt Christian Wulff wieder nach einer aktiven Rolle in Gesellschaft und Öffentlichkeit. Der frühere Bundespräsident sagte in einem in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag) exklusiv vorab erscheinenden Interview mit dem Publizisten Manfred Bissinger, "ich will weder Opfer noch Märtyrer sein, sondern wieder Akteur und Handelnder werden". Dies geschehe "selbstkritisch und ohne Rachegelüste, gegen niemanden".

Inhaltlich kündigte Wulff an, sich Themen der Zukunft zu widmen. "Sie reichen von der ökologischen Tragfähigkeit unserer Erde bei wachsender Weltbevölkerung bis hin zur Frage des Friedens angesichts zunehmender religiös motivierter Konflikte", erklärte er. "Es könnte auch der Zeitpunkt kommen, zu dem man auf meine Kenntnisse gerade der arabischen, der muslimischen Welt und auf meine Kontakte dort zurückgreifen will", sagte der Christdemokrat, der nach Vorwürfen um Vorteilsnahme als Staatsoberhaupt zurückgetreten war und inzwischen voll rehabilitiert worden ist.

Das Interview bildet die Einleitung der am Montag erscheinenden Taschenbuchausgabe von Wulffs Buch "Ganz oben - ganz unten". Er lobt darin das SPD-geführte niedersächsische Kabinett für seinen Umgang mit der juristischen Aufarbeitung der Affäre. Die Vorgänge unter der Vorgängerregierung hätten ihn hingegen erschüttert. Die Justiz habe sich von den Medien unter Druck setzen lassen. "Wie sich der Generalstaatsanwalt den Journalisten angedient und sie mit Informationen versorgt hat; das alles hat es in Deutschland so nie gegeben." Er habe "psychisch zermartert" werden sollen. "Aber ich bin nach wie vor ein Anhänger unseres Rechtsstaates, denn am Ende hat das Gericht Recht gesprochen", sagte Wulff. "Ich bin der Landesregierung dankbar, dass sie Vorsorge zu treffen versucht, dass sich solche Vorgänge nicht wiederholen", meinte er mit Blick auf das jetzige Kabinett von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD).

Dass er während der Affäre vergleichsweise alleine dastand, erklärte sich Wulff mit der weitgehend geschlossenen medialen Front gegen ihn. Mit Blick auf andere Politiker sagte der Alt-Präsident, "sie wollen gewählt und unterstützt werden. Sie haben Angst, selbst Gegenstand der Berichterstattung zu werden, wenn sie sich wichtigen Medien entgegenstellen." Ferner habe er mit der Äußerung, der Islam gehöre zu Deutschland, diejenigen irritiert, die ihn gewählt hätten, aber diejenigen nicht gewonnen, die ihn nicht gewählt hatten. Gleichwohl stehe er zu der Aussage. "Meine Position war schlüssig, und ich bin heute noch froh, sie bezogen zu haben", sagte Wulff. Inzwischen registriere er, dass immer mehr Menschen erkennen würden, dass keine falschen Gräben aufgerissen werden dürften. Nicht zuletzt hätten die Pegida-Demonstrationen dafür gesorgt, "dass viele Bürger endlich Position für unsere Verfassung, die Religions- und Glaubensfreiheit verbürgt, bezogen haben".

Persönlich zeigte sich Wulff in dem Interview in der "NOZ" froh darüber, dass eine Scheidung nach der vorübergehenden Trennung von seiner Frau Bettina kein Thema mehr sei. "Ich bin sehr erleichtert, dass meine Frau und ich auf neue Weise, in großer Intensivität wieder zueinandergefunden haben", sagte der frühere niedersächsische Regierungschef. Ihn stimme zuversichtlich, "dass sich die Dinge wieder zurecht ruckeln und man selber eben nicht einfach nur wieder der Alte ist, sondern um manche Erfahrung reicher". Sich zu verändern, dazuzulernen und sich im Zweifel zu verbessern, zähle für ihn zum Sinn des Lebens, beschrieb Wulff die Phase der politischen Affäre und persönlichen Krise als Prüfung. "Ich bin sehr gerne Anwalt in Hamburg, ich bin sehr gerne Alt-Bundespräsident in Berlin, ich betreue als Mentor junge Leute. Erstmals in meinem Leben habe ich Zeit für meine Kinder, für die Familie, für Privates", beschrieb Wulff sein gegenwärtiges Leben.

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Wulff sorgt sich um deutsche Medien

Alt-Bundespräsident für "offensive Debatte" über Qualitäts-Journalismus

Osnabrück. Alt-Bundespräsident Christian Wulff hat sich hochgradig besorgt über die Zukunft der Medien in Deutschland gezeigt. In einem in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag) exklusiv vorab erscheinenden Interview mit dem Publizisten Manfred Bissinger sagte Wulff, "wegbrechende Werbeeinnahmen, Konzentrationsprozesse, die Digitalisierung und dass heute einfach jeder im Netz einen Blog aufmachen und sich zum Journalisten erklären kann, das stellt den Journalismus vor große Herausforderungen". Hinzu kämen härtere Arbeitsbedingungen, immer weniger Kolleginnen und Kollegen, die dazu immer schneller produzieren. Er sei überzeugt, dass viele Journalisten in Sorge um ihre berufliche Zukunft seien, erklärte das frühere Staatsoberhaupt.

Wulff rief dazu auf, eine offensive Debatte über Qualitäts-Journalismus zu führen. "Er muss uns etwas wert sein", sagte er. Die Lage der Journalisten sei bedrückend. "Vielleicht hätte die Politik früher mehr Solidarität artikulieren sollen, auch gegenüber den Verlagshäusern, die ihre Erfolge heute doch eher mit Partnervermittlung als mit redaktionellen Inhalten erzielen", warb der Christdemokrat für eine größere Wertschätzung der privaten deutschen Medienlandschaft bei politischen Entscheidern.

Das Interview, das die "Neue Osnabrücker Zeitung" vorab in wesentlichen Auszügen veröffentlicht hat, bildet die Einleitung der am Montag erscheinenden Taschenbuchausgabe von Wulffs Buch "Ganz oben - ganz unten". Darin blickt er auf die nicht zuletzt medialen Vorwürfe und Vorgänge zurück, die zu seinem Rücktritt als Staatsoberhaupt und dem anschließenden Freispruch vor Gericht führten.

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