Westfalenpost: Mit rosaroter Brille
Hagen (ots)
Das Gutachten der Forschungsinstitute Von Stefan Pohl Die Regierenden können zufrieden sein mit den Ergebnissen ihrer Wirtschafts-Auguren. Die nach den Gutachten der führenden Forschungsinstitute häufig zu beobachtenden Spannungen zwischen Wissenschaftlern und Politikern dürften sich in diesem Herbst in engen Grenzen halten. Kritik am wirtschafts- und finanzpolitischen Kurs der großen Koalition gab es nur in Maßen - das war früher anders. Ein Grund dafür mag die rosarote Brille sein, die sich die Forscher für 2008 aufgesetzt hatten. Die Arbeitslosigkeit gehe kontinuierlich zurück, die Löhne stiegen und kurbelten den privaten Konsum an, der zur Stütze der Konjunktur werde und überhaupt werde der Aufschwung nur eine kleine Pause einlegen, behaupten sie. Doch ist das bei Eurokurs- und Ölpreis-Rekorden und der trotz aller Gesundbeterei immer noch grassierenden Konsum-Unlust der Deutschen nicht viel zu schön, um wahr zu sein? Abgesehen davon, dass Konjunkturprognosen nicht viel mehr sind als mathematisch verbrämte Kaffeesatzleserei: Bis jetzt ist der Aufschwung nicht bei Otto Normalverbraucher angekommen, und es sieht nicht so aus, als ob sich das 2008 ändern sollte. Denn die drei Prozent, die vielleicht mehr auf dem Konto sind, werden von höheren Steuern und den Preissteigerungen für Strom, Gas, Benzin und neuerdings auch Lebensmittel wieder aufgefressen. Auch die Sorge der Bundesbürger um ihren Arbeitsplatz hat trotz vieler anderslautender Umfragen kaum nachgelassen, was ihren Konsum weiter dämpfen wird - Folge mangelnden Vertrauens. Die Aussage, 2008 werde die Inlandsnachfrage den Export als Stütze der Konjunktur ablösen, scheint vor diesem Hintergrund mehr als waghalsig. Stets wird ein Aufschwung vom Export eingeleitet, was höhere Investitionen in Gang setzt. Dann steigen die Gewinne der Unternehmen und geben Spielraum für höhere Löhne, die wiederum den Konsum anstoßen. Die Gewinne sind tatsächlich gestiegen und werden zum Teil, wenn auch zögernd, an die Arbeitnehmer weitergegeben. Wenn die aber nicht freudig konsumieren, nützt das der Konjunktur gar nichts. - Nur ein Grund, mit einer Portion Skepsis auf das Wirtschaftsjahr 2008 und Konjunkturvoraussagen überhaupt zu blicken. Auch führende Institute können sich irren.
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