Westfalenpost: Einstieg in den Ausstieg
Hagen (ots)
Der schwarz-gelbe Wehrdienstkompromiss Von Jörg Fleischer Langsam aber sicher stirbt der Wehrpflicht. Ihre geplante Verkürzung von neun auf sechs Monate ist der Einstieg in den Ausstieg. Union und FDP sind nicht einer Meinung, was die Zukunft dieser Institution angeht. Die Liberalen hätten den Wehrdienst längst abgeschafft. Die Union hingegen hält wacker daran fest. Bei der Bildung der neuen Regierung mussten sich die Koalitionäre einigen. Der Kompromiss, den sie schlossen, orientierte sich weniger an Inhalten als an politischen Zwängen. Es ging weniger um die Wehrpflicht. Es ging vielmehr um den lieben Frieden zu Beginn der schwarz-gelben Koalition. Der Kompromiss, den die neuen Partner schlossen, ist halbherzig. Die Bundeswehr braucht eine halbwegs funktionierende Wehrpflicht. Ein Grund von vielen ist, mehr und mehr deutsche Soldaten sind in Auslandseinsätzen gebunden. Deshalb sind Wehrpflichtige für die Truppe im Inland oft unverzichtbar. Doch den Wehrdienst nur unter praktischen Gesichtspunkten zu sehen, griffe viel zu kurz. Von Anfang an hatte die Wehrpflicht integrierende Wirkung. Durch sie fand die Bundeswehr ihren Platz in der Mitte dieser Gesellschaft. Und am Wehrdienst hängt noch viel mehr. Manche meinen, das Beste an der Wehrpflicht sei der Zivildienst. Jedenfalls sind Wehr- und Zivildienst zwei Seiten derselben Medaille. In vielen sozialen Einrichtungen gehören Zivildienstleistende zum Inventar. Wenn sie nicht mehr da wären, liefe dort manches schlechter. Der Zivildienst hat für eine große Zahl junger Menschen Hilfe zu einer guten Erfahrung gemacht. Das soll auch weiterhin so sein. Deshalb wäre es schade, wenn es auch diese gesellschaftliche Institution eines Tages nicht mehr gäbe. An den Problemen, die es rund um Wehr- und Zivildienst zweifellos gibt, sollte ihr Fortbestand nicht scheitern. Echte Wehrgerechtigkeit herrscht bis heute nicht. Und es ist sehr die Frage, ob diese durch eine Verkürzung der Dienstpflicht erreicht wird. Dennoch sollten Wehr- und Zivildienst erhalten bleiben. Nach der Entscheidung der neuen Regierung aber besteht wenig Hoffnung darauf.
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