Westfalenpost: Ablenkungsmanöver
Hagen (ots)
Kurzzeitwehrpflicht nach Gutsherrenart Von Jörg Fleischer Ein Schelm, der Böses dabei denkt. In welchem Zusammenhang mögen wohl der Kundus-Untersuchungsausschuss und die Wehrpflicht stehen? In gar keinem, so ist man versucht zu sagen. Doch beim zweiten Nachdenken kommt es einem schon recht eigenartig vor, dass der Verteidigungsminister ausgerechnet kurz vor den für ihn unangenehmen Aussagen seines entlassenen Generalinspekteurs Schneiderhan und seines geschassten Staatssekretärs Wichert nun das Reizthema Wehrpflicht hochzieht. Das sieht nach einem plumpen Ablenkungsmanöver Guttenbergs aus. Als sollten sich die Medien an der vorzeitigen Verkürzung des Wehrdienstes von neun auf nur noch sechs Monate festbeißen. Für die PR-Strategen aus dem Verteidigungsministerium geht es wohl darum, in der öffentlichen Debatte Akzente im Sinne ihres Ministers zu setzen - so lange es noch möglich ist. Diese Taktik des Tarnens und Täuschens ist allzu durchsichtig. Der Vorstoß ist übers Knie gebrochen. Karl-Theodor zu Guttenberg überrumpelt die Institutionen nach Gutsherrenart. Zu einer ausführlichen Debatte über das ursprünglich auf 2011 terminierte Vorhaben der schwarz-gelben Regierung hat das Parlament nunmehr kaum Gelegenheit. Auch fehlt es weiterhin an einer überzeugenden sicherheitspolitischen Begründung für die Kurzzeitwehrpflicht. Die überstürzte Umsetzung dieses zweifelhaften Projekts, das aus einem eher faulen Kompromiss zwischen Union und FDP zustande kam, bringt nicht zuletzt den Zivildienst in Schwierigkeiten. Denn die Wohlfahrtseinrichtungen haben denkbar wenig Zeit zur Vorbereitung.
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