Westfalenpost: Kommentar zu Griechenland/Bundestag/Europa/Was wir in der Eurokrise aufs Spiel setzen/Die Kanzlerin hat in der Krise keine Mehrheit/Von Stefan Hans Kläsener
Hagen (ots)
"Stop!", schreit der Boulevard. Und erklärt dann im Innenteil, warum es vielleicht doch besser ist, den Griechen jetzt zu helfen. Noch nie war guter Rat so teuer. Kein Experte traut sich die verlässliche Prognose zu, ob es für die deutschen Steuerzahler teurer wird mit den Griechen im Währungsverbund oder ohne sie mit einer neuen Drachme. Von der ganz und gar komplizierten Frage, wie denn eine solche Währung eingeführt und umgetauscht werden soll - wann? zu welchem Kurs? - mal ganz zu schweigen. Die Kanzlerin hätte nicht betonen müssen, dass sie nicht zu Abenteuern neigt, denn so kennt man sie ja ohnehin. Aber wäre ein Ende mit Schrecken für die Griechen nicht der bessere Weg? Für die Griechen vielleicht schon, für die Deutschen aber eher nicht. Denn bislang haben die Deutschen in der Griechenlandkrise mehr verdient als gezahlt. Das wird sich nun ändern, auch wenn das veranschlagte Geld im Rettungsfonds nicht einfach versandet. Entscheidend ist die Frage, was wir Deutschen aufs Spiel setzen, wenn wir den Euro aufs Spiel setzen. Die Finanzmärkte spekulieren bereits darauf, und daher sind öffentlichen Spekulationen nicht gerade von Intelligenz gesegnet, auch wenn sie vom Bundesinnen- oder Bundeswirtschaftsminister kommen. "Keine Abenteuer!", sagt die Kanzlerin in Anspielung auf Konrad Adenauer - und weiß doch, dass sie immer weiter auf einem abenteuerlichen Weg voranschreitet. Der Fall ist ohne Beispiel und daher auch kaum vorhersehbar. Vorhersehbar ist allerdings der Preis, den mittelständische Unternehmer zahlen würden, käme der Euro mit Griechenland und weiteren Kandidaten aus dem Mittelmeerraum vom Weg ab. Dann entscheiden nämlich Währungsschwankungen über Gewinn und Verlust und nicht die Qualität der Produkte und die Effizienz in der Produktion. Mit diesem Szenario haben die Deutschen nach der Ölkrise in den 70er Jahren bittere Erfahrungen gemacht, und dieses Abenteuer sollte niemand bewusst eingehen. Wie unsicher die Politiker in ihrer Einschätzung sind, zeigt die fehlende Regierungsmehrheit und die sich widersprechenden Äußerungen der Opposition. Verständlich unverständlich.
Pressekontakt:
Westfalenpost Hagen
Redaktion
Telefon: 02331/9174160
Original-Content von: Westfalenpost, übermittelt durch news aktuell