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Westfalenpost: Merkel in Athen: Der Besuch der bösen Fee Von Winfried Dolderer

Hagen (ots)

Was Angela Merkel gestern in Athen erlebt hat, zumindest, wenn ihr ein Blick über die Polizeisperren hinweg vergönnt gewesen sein sollte, war die Probe auf den Wahrheitsgehalt ihres Mantras: Scheitert der Euro, scheitert Europa? Der Empfang, den ihr eine umfangreiche Demonstrantenmenge jetzt bereitet hat, legt eine ketzerische Gegenfrage nahe: Müssen wir auf das Scheitern des Euro überhaupt noch warten? Dass ein deutscher Regierungschef in einer europäischen Hauptstadt mit geschwungenen Hakenkreuzfahnen und Hassparolen begrüßt wird, das jedenfalls war in dem Europa, an das wir uns gewöhnt haben, seit langem nicht mehr üblich. Nein, eine "Freundin des Landes", wie der griechische Kollege sie netterweise titulierte, ist die Kanzlerin für jene, die in Athen auf der Straße waren, gewiss nicht. Viel eher die böse Fee, unter deren Fluch das Hellenenvolk gebeugt geht. Dabei hat sie sich alle Mühe gegeben, sich als gute Fee zu präsentieren. Die Reformleistungen der Griechen gelobt, weitere deutsche Hilfsbereitschaft zugesagt und vor allem den Wunsch geäußert, Griechenland möge Mitglied im Euro-Club bleiben. Seinerseits hat der Gastgeber beteuert, er verlange weder mehr Geld noch besondere Zugeständnisse. Das eine Bekenntnis so überzeugend wie das andere. Für jene auf der Straße ist Merkel die machtvolle Europa-Tyrannin. In Wahrheit eine Gefangene nicht anders als ihr Gastgeber. Der handelt unter dem Zwang, seinem Volk Unzumutbares zuzumuten. Sie in der Furcht vor dem großen Kladderadatsch, sollten die Griechen aus der Euro-Zone kippen. Da ist der Gedanke nicht fern, Europa könnte im Begriff sein, zu scheitern. Am Euro.

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