Westfalenpost: Kommentar zum Scheitern der Missbrauchs-Studie
Hagen (ots)
<p>Auf den ersten Blick bestätigt der Streit zwischen der Bischofskonferenz und dem Kriminologen Christian Pfeiffer alle Vorurteile, die man gegenüber der katholischen Kirche landläufig pflegt. Die Schlagwörter lauten: Zensur und Kontrolle. Das wirft jedenfalls der medienbekannte Kriminologe den Bischöfen vor. Die wiederum sprechen von einem zerrütteten Vertrauensverhältnis. </p><p/><p>Tatsächlich war es eine Sensation, als der Verband der Diözesen Deutschlands im Juli 2011 mit dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen einen Vertrag abschloss: Der Missbrauch in der katholischen Kirche sollte umfassend erforscht werden - von einer unabhängigen Einrichtung. Rückblickend sind beide Seiten wohl allzu blauäugig an die Sache herangegangen. Pfeiffer, weil er sich der Beachtung des Themas bewusst war und deshalb möglicherweise nicht ernst genug genommen hat, dass die Kirche durchaus eine Kontrolle über die Ergebnisse beanspruchte. Und die Bischöfe, weil sie anfangs die datenschutzrechtlichen Probleme nicht genügend beachtet haben.</p><p/><p>Pfeiffer mobilisiert nun die gängigen Klischees, wenn er von Zensur spricht. Denn er verschweigt, dass bei auftraggeberfinanzierten Untersuchungen derjenige, der bezahlt, immer eine gewisse Deutungshoheit fordert. Auf der anderen Seite hätte den Bischöfen ebenfalls klar sein müssen, dass man die Katze nicht aus dem Sack lassen kann, wenn der zugeschnürt bleiben soll. Traurig ist allerdings, dass wesentliche Fragen jetzt womöglich unbeantwortet bleiben: Wieviele Fälle gibt es seit 1945? An welchen Orten und bei welchen Gelegenheiten kommt es zum Missbrauch? Wie gehen die Täter vor? Wenn man das wüsste, könnte lebenslanges Leid zukünftiger Opfer verhindert werden.</p>
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