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Westfalenpost: Westfalenpost zum Armutsbericht

Hagen (ots)

<p>Wer viel mit Texten zu tun, der fasst sich bei der Vorstellung des Armutsberichtes an den Kopf. Warum? Weil er sofort an frisieren und schönen denkt. Dass das Friseur-Handwerk zu den Berufen zählt, die schlecht bezahlt werden, fließt mit in die Betrachtungen ein, bleibt aber ein Randaspekt. Schwarz-Gelb hat die Schere im Kopf, blendet die Zustände im Land aus. In sechs Monaten haben die fast 500 Seiten, von den ersten zarten Schnittversuchen über das Kopfwaschen bis zum glatt gegelten Kunstwerk, eine wundersame Wandlung erfahren. Der liberale Wirtschaftsminister Rösler hat im Streit um die beste Frisur offenbar über die christdemokratische Arbeitsministerin von der Leyen gesiegt. Tenor: Alle prima. Alles gut.</p><p/><p>Keine Rede mehr von der Schere zwischen Arm und Reich, die sich weiter öffnet, den wachsenden Gehältern oben und den schrumpfenden Reallöhnen unten, keine Rede mehr von den Verletzungen des Gerechtigkeitsempfindens und den möglichen dramatischen Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, keine Rede mehr von der ungleichen Verteilung des Privatvermögens und vier Millionen Menschen, die für einen Bruttostundenlohn von unter 7 Euro arbeiten. Die akribische Behandlung jeder einzelnen Haarspitze, um im Bild zu bleiben, hat der Bewertung zur Lage im Land in mühevoller liberaler Kleinarbeit die Sprengkraft genommen.</p><p/><p>Schwarz-Gelb hat sich im Wahljahr für Werbung in eigener Sache entschieden. Nicht untypisch für Regierungen, gleich welcher Couleur. Lieber ein gestyltes Dokument über die Leistung der Regierung als ungeschönte Zahlen über die soziale Ungleichheit. Mit der Wirklichkeit und der Wahrheitsfindung hat das nichts zu tun. Das Wahlvolk ist arm dran - ein Armutszeugnis. </p>

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