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Westfalenpost: Künftig bitte ohne moralische Überheblichkeit Von Harald Ries

Hagen (ots)

Niemand wirft Daniel Cohn-Bendit vor, er habe sich während seiner Zeit als Kindergärtner im Frankfurt der frühen 70er Jahre an Schutzbefohlenen vergangen. Wenn er seine 1975 veröffentlichten Sätze über sexuelle Kontakte mit kleinen Kindern heute als Phantasie und Provokation bezeichnet, klingt das glaubwürdig. Aber es entschuldigt die Entgleisung nicht.

Und die Rechtfertigung, dass Tabubrüche dem Kampf gegen die Repression dienten, dass es eine andere Zeit gewesen sei, die man als Unbeteiligter schwer verstehen könne - die hätte er einem Nazi-Mitläufer niemals durchgehen lassen. Mit solchen soll der Sohn vertriebener deutscher Juden nicht in Zusammenhang gebracht werden. Aber das Eingeständnis, sich verrannt und auf der falschen Seite gestanden zu haben, wäre angebracht.

Knapp zehn Jahre später tummelten sich Pädophile auf Grünen-Parteitagen, die Forum für Spinner und Minderheiten waren. Die Forderungen der sogenannten Stadtindianer wurden nie mehrheitlich akzeptiert. Aber man distanzierte sich nicht. Grüne waren gegen Ausgrenzung und Verbote. Und das Thema Kindesmissbrauch war nicht so im Bewusstsein. Nicht so wichtig.

Für eine Partei, die sich auf Seiten der Schwachen und Opfer sah, ist das merkwürdig. Peinlich. Aber nur einer von vielen Irrtümern. Man erinnert sich unter ehemals radikalen Linken auch nicht gerne an die Ergebenheitsadressen, die man dem Schlächter Pol Pot schickte.

Dass die Grünen nun ihre Vergangenheit aufarbeiten wollen, ist lobenswert. Aber wichtiger wäre es, künftig ohne nervige moralische Überheblichkeit aufzutreten. Bei den schlimmen Missbrauchsfällen in kirchlichen Heimen hätten die Grünen vielleicht nicht als lauteste und erbarmungsloseste Ankläger auftreten müssen.

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