Westfalenpost: Zum Kindeswohl gehört die Schulpflicht Von Monika Willer
Hagen (ots)
Man kann am deutschen Schulsystem ja viel kritisieren. Aber es ermöglicht jedem Kind einen kostenlosen Zugang zu Bildung - egal ob die Eltern in Deutschland geboren wurden oder aus einem anderen Land eingewandert sind. Diese Chance ist als Schulpflicht gesetzlich verankert. Das Gesetz ist keine Schikane, es ist ein Privileg und wurde über Jahrhunderte hinweg erkämpft. Historisch kann man es sogar als Errungenschaft der Reformation betrachten. Grundlage ist die Erkenntnis, dass Kinder ein Recht auf einen geschützten Raum haben, in denen ihnen Wissen vermittelt wird. Österreich, Frankreich und Großbritannien kennen keine allgemeine Schulpflicht, sondern nur eine allgemeine Unterrichtspflicht. In anderen Ländern ohne Schulpflicht werden Kinder in Fabriken ausgebeutet, statt Schreiben und Rechnen lernen zu dürfen.
Diese Hintergründe muss man sich vor Augen halten, wenn es um die zunehmenden Fälle geht, in denen Anhänger fundamentalistischer Sekten ihren Kindern verweigern, die Schule oder Schulstunden in bestimmten Fächern zu besuchen. Es geht in solchen Fällen keinesfalls um das Kindeswohl. Die Kinder werden stattdessen von den Eltern instrumentalisiert. Es geht auch nicht um Fragen der Religionsfreiheit, denn die Schwester der Religionsfreiheit ist die Toleranz.
Tatsächlich handelt es sich hier um einen Machtkampf: Auf der einen Seite stehen Eltern, die die absolute Kontrolle über die Köpfe ihrer Kinder beanspruchen. Und die von den Vorzügen eines Systems profitieren wollen, dessen Regeln sie nicht bereit sind anzuerkennen. Auf der anderen Seite steht der Staat, der im Sinne des Kindeswohls tatsächlich gezwungen ist, einzugreifen. Und das ist auch gut so.
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