Westfalenpost: US-Präsidentenwahl
Hagen (ots)
Natürlich könnten wir uns gemeinsam empören - über ein Land, das jemanden zum Präsidenten wählt, der gegen Zuwanderung, internationale Handelsströme, Medien und Minderheiten wettert, der Frauen im Allgemeinen und seine Konkurrentin Hillary Clinton im Besonderen schamlos verunglimpft. Aber das ändert nichts. Trotz allem könnte uns die Wahl von Donald Trump zum 45. Präsidenten der USA eine Lehre sein. Sie zeigt nämlich, was Menschen zu tun bereit sind, wenn sie das Vertrauen in die etablierten Parteien verloren haben. Wenn sie glauben, dass die von ihnen gewählten Politiker mit den großen Konzernen und auch den Medien irgendwie unter einer Decke stecken, um sich die Taschen voll zu machen. Wer am Wohlstand nicht selbst teilhaben kann, wem schwindelig wird vom Zusehen, wie schnell sich unsere digitalisierte und scheinbar grenzenlose Welt inzwischen dreht, der entschließt sich an der Wahlurne zu radikalen Lösungen. Donald Trump ist kein Betriebsunfall. Seine Wähler haben genau gewusst, was sie tun. Trump verspricht ihnen Entschleunigung. Und es ist völlig egal, ob er dieses Versprechen halten kann. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die USA eben nicht im Kern aus den weltläufigen, aufgeklärten Eliten an der Ost- und der Westküste bestehen. Vielmehr interessiert sich ein großer Teil der Amerikaner kaum für Washington und New York, schon gar nicht für den Rest der Welt. Das riesige Land hat nur Grenzen mit Kanada und Mexiko. Wiedererstarken der Nationalstaaten Am Ende geht es um Stimmungen, die Zeit der Argumente und Fakten scheint überholt zu sein. Dies ist kein Phänomen, das die USA für sich exklusiv besitzen. In Russland steht Wladimir Putin dafür, in der Türkei Recep Erdogan, in Ungarn Viktor Orban und in Frankreich gehörte Marine Le Pen zu Trumps ersten Gratulanten. Der Rückzug in die eigenen vier Wände findet nicht nur im Kleinen, sondern auch im Großen statt. Im Ergebnis erleben wir ein Wiedererstarken der Nationalstaaten und ihrer Grenzen. In Europa verlassen die Briten die europäische Gemeinschaft, obwohl die Argumente der Brexit-Befürworter teilweise fadenscheinig sind, teilweise schlicht falsch. Hauptsache, wir sind wieder unter uns. Die Diskussion ist eröffnet In Deutschland erleben wir angesichts der Wahlentscheidung in den USA vielerorts Sorge, manchmal Bestürzung oder Angst. Die AfD dagegen frohlockt. Kein Wunder. Die Strategie, die Trump in den USA erfolgreich machte, gilt auch als das Erfolgsrezept der Rechtspopulisten in unserem Land. Das Gegenmittel ist Aufklärung im besten Sinne. Die Europäische Union müsste - ganz banal - für jeden verständlich erklären können, warum diese internationale Gemeinschaft ohne Alternative ist. Das wäre ein Anfang. Politisch Verantwortliche im Bund, den Ländern und den Kommunen dürfen nicht länger zulassen, dass sich ganze Bevölkerungsgruppen abgehängt fühlen. Doch das Thema ist größer. Was tun wir gemeinsam dagegen? Und wie konsequent verteidigen wir eigentlich unsere Werte, die eben nicht selbstverständlich sind. Meinungsfreiheit zählt dazu. Die Diskussion ist eröffnet und wir als Zeitung wollen dazu gern unseren Beitrag leisten.
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