Westfalenpost: Theresa May versucht den Befreiungsschlag
Hagen (ots)
Die britische Premierministerin hat keine unumstrittene Machtposition im Unterhaus. Bisher. Das ist letztlich der entscheidende Grund für Theresa May, jetzt doch mit vorgezogenen Neuwahlen zu überraschen: Sie verfügt über keine deutliche Mehrheit. Was May sich von den Neuwahlen erhofft, ist eine drastisch erhöhte absolute Mehrheit, die ihr erlaubt, ohne den Blick über die Schulter ihr Programm durchsetzen zu können. Dazu kommt, dass sie bisher kein Mandat für ihren Brexit-Kurs hat. Ins Amt der Premierministerin kam sie nicht durch eine Wahl, sondern durch die Akklamation der Fraktion. Mit den vorgezogenen Neuwahlen bietet sich ihr die Chance, für klare Mehrheitsverhältnisse zu sorgen. Die Lage wird niemals besser sein als jetzt. Labour liegt im historischen Stimmungstief. Kaum jemand zweifelt an einem haushohen Sieg der Torys. Das würde Theresa May erlauben, die eigentliche Opposition auszuschalten: jene Brexit-Ultras in der eigenen Partei, die Kompromissen mit der EU spinnefeind sind und jeden Deal niederstimmen würden, der ihren extremen Vorstellungen vom Brexit nicht entspricht. Mit den Rebellen im Rücken könnte May in Europa weder ordentlich verhandeln noch darauf hoffen, ein Abkommen im Unterhaus auch ratifizieren zu können. Doch wenn sie die Wahlen so deutlich gewinnen kann, wie es im Moment aussieht, steht sie ganz anders da. Dann ist sie nicht mehr eine Geisel des rechten Flügels ihrer Partei. So gesehen ist die Ankündigung vorgezogener Neuwahlen eine gute Nachricht für Europa. Denn jetzt bietet sich für May die Chance, Kompromisse machen zu können und einen Deal anzustreben, der nicht nur seitens Europas, sondern auch von ihrer eigenen Fraktion akzeptiert würde.
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