Westfalenpost: Kein klarer Fall Steinmeier, Kurnaz, 11. September 2001
Hagen (ots)
Von Bodo Zapp
Hinterher sind alle immer ganz schlau. Frank-Walter Steinmeier (SPD) wird teilweise schon so dargestellt, als habe er den armen Murat Kurnaz in gnadenloser Böswilligkeit seinem Guantanamo-Haftschicksal überlassen. Der Außenminister und frühere Kanzleramtschef müsse zurücktreten. Halt, möchte man denen zurufen, die meinen, die Wahrheit zu kennen. Ob die Hintergründe um die späte Freilassung des in Bremen aufgewachsenen Islamisten mit türkischem Pass jemals restlos geklärt werden, ist wegen der Geheimdienst-Einflüsse nicht sicher. Jetzt so zu tun, als seien die Rollen des Guten und der Bösen klar verteilt, ist nicht fair gegenüber Steinmeier, der noch nicht vor dem Ausschuss aussagen konnte. Richtig ist, dass es zwischen der offiziellen Darstellung als Friedenskönige und der praktischen USA-Unterstützung der rot-grünen Regierung einen Widerspruch gab. Schröder, Fischer, Schily, Steinmeier - sie alle haben möglicherweise im Fall Kurnaz Fehler gemacht. Aber zur Erinnerung: Dies geschah in der Zeit nach den Terror-Anschlägen vom 11. September 2001. Wenige Wochen später reiste der strenggläubige Mann nach Pakistan, gefasst wurde er nahe der afghanischen Grenze. Vom Verdacht eines terroristischen Bremer Umfelds war die Rede, in einer Zeit, da in Deutschland nach Terror-"Schläfern" gefahndet wurde. Schließlich hatte man die Flugzeug-Attentate in Hamburg geplant. Die Öffentlichkeit forderte höchste Wachsamkeit. Der vollbärtige Murat Kurnaz mag ein harmloser Islamist sein, letzte Klarheit besteht nicht. Alle spielen mit gezinkten Karten. Sie dürfen nicht zur Vorverurteilung stechen.
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