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NRZ: So viel Widerspruch war nie - Kommentar zu Gauck von Miguel Sanches

Essen (ots)

Ursula von der Leyen ist schwer zu durchschauen, gerade im Verhältnis, im Zusammenspiel mit Angela Merkel. Die Rede ist natürlich von der Euro-Rettung. Ist die Sozialministerin der Minensuchhund der Kanzlerin oder arbeitet sie auf eigene Rechnung, wenn sie von den "Vereinigten Staaten von Europa" schwärmt oder wenn sie sich auf Euro-Bonds einlässt? Sie ist mit Leidenschaft Europäerin und eine Generalistin, die sich weit über ihr Ressort hinaus Gehör verschafft. Bei den Auftritten der Ersatzkanzlerin fällt auf, dass sie in der Europapolitik mit Finanzminister Wolfgang Schäuble harmoniert. Manchmal sieht es fast wie ein Rollenspiel aus, wenn sie von den Vereinigten Staaten von Europa redet, Merkel alsbald bestätigt, man müsse Macht abgeben, und Schäuble über eine Volksabstimmung philosophiert. Bei den Euro-Bonds wundert man sich aber dann doch, dass die Ministerin von einer Option redet. Zu den Euro-Bonds sprach Merkel - selten genug - ein Machtwort. Noch bedrohlicher gar als ihr Tabubruch ist Bundespräsident Joachim Gauck, wenn er Klartext zur Euro-Rettung anmahnt. Gauck steht über den Parteien, er ist als Person und in der Sache beliebter als von der Leyen ist (alle sind für Klartext, nicht alle für Euro-Bonds) und er landete einen Treffer. Ja, Merkel fehlt eine Erzählung über Europa. Ein Mann wie Peer Steinbrück beklagt es seit langem. Nur: Merkel kann mit ihrem Volk nicht im schalldichten Raum reden. Alles, was sie sagt, hat in Europa Folgen. Wenn sie sagen würde, dass Euro-Bonds eine Option seien, würden sie Begehrlichkeiten erhöhen. Wer in der operativen Politik agiert, wer alleine auch nichts ausrichten kann, sondern Verbündete braucht, muss taktischer und fintenreicher vorgehen als eine Repräsentationsfigur. Sei es drum, Gauck, von der Leyen, Schäubles Visionen, die Drohgebärden der CSU, die neuen Kräfteverhältnisse auf EU-Gipfeln: So viel Widerspruch war nie.

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