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NRZ: Salomonisch - ein Kommentar von JAN JESSEN
Essen (ots)
Wenn man es positiv bewerten will, dann ist der Gesetzentwurf zu den Beschneidungen von Jungen ein salomonischer. Die operative Entfernung der Vorhaut bleibt zwar eine Körperverletzung, wird aber auch dann nicht bestraft, wenn sie nicht aus medizinischen Gründen geboten ist - kurz: Beschneidungen aus religiösen Gründen bleiben weiterhin erlaubt. Juden und Muslime können das ihnen wichtige Ritual also künftig weiter bei Ärzten durchführen lassen, die für die im Gesetzentwurf geforderte "gebotene und wirkungsvolle Schmerzbehandlung" Sorge tragen können. Man kann den Gesetzentwurf auch negativ sehen. Als zwar wohlgefälligen Versuch, eine auch mit offenkundig tief sitzenden Ressentiments befrachtete Diskussion zu entschärfen - der aber wichtige Fragen ausspart. Etwa die, welche Ausbildung Beschneider haben müssen, die keine Mediziner sind. Klar ist: Die Diskussionen werden trotz dieses Gesetzentwurfes nicht enden. Der Graben ist tief geworden zwischen denen, die archaisch anmutende Rituale im Namen des Glaubens ablehnen - und jenen, die sie als heilig und sinnstiftend verteidigen.
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