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NRZ: Der Frust brauchte ein Ventil - ein Kommentar von CHRISTIAN KERL
Essen (ots)
Da waren selbst altgediente Genossen überrascht. In ungewöhnlicher Massivität machten die Delegierten des SPD-Parteitags gestern ihrem Frust Luft: Denkzettel für Gabriels Stellvertreter, eine Ohrfeige für seine Generalsekretärin. So viel Unruhe war lange nicht. Der SPD-Basis wird gerade viel zugemutet: Das zweitschlechteste Wahlergebnis seit 1949 ist noch nicht verarbeitet, da muss über die weithin ungeliebte Große Koalition entschieden werden. Viele Delegierte haben Zweifel, dass die Oberen so transparent agieren wie versprochen.Anderes kommt hinzu: Parteivize Kraft etwa hat mit ihrem Zick-Zack-Kurs in der Koalitionsfrage viele Genossen irritiert, ihre Glaubwürdigkeit hat gelitten. Der Frust brauchte ein Ventil, aber er hat keine zerstörerische Wirkung. Mit den Denkzetteln kann die Parteispitze leben, auch wenn sie sich für die Koalitionsverhandlungen mehr Rückenwind gewünscht hätte. Immerhin: Eine Vier-Fünftel-Mehrheit stützt den Kurs der Führung. Der Vorsitzende Gabriel, dem die Delegierten auch einen Dämpfer verpassten, hat sogar mehr gewonnen also verloren. Potenzielle Rivalen sind geschwächt, der Höhenflug seiner beliebten Stellvertreterin Kraft ist gestoppt. Als Vizekanzler dürfte Gabriel bald der wirklich mächtige, unangefochtene Mann der SPD werden - und möglicherweise heißt auch der nächste SPD-Kanzlerkandidat Gabriel und nicht Kraft.
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