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NRZ: Im Zweifel für die Freiheit - ein Kommentar von JAN JESSEN

Essen (ots)

In aufgeregten Zeiten neigt der Gesetzgeber dazu, der Sicherheit Vorrang vor der Freiheit und dem Schutz von Persönlichkeitsrechten einzuräumen. Das galt bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung im Jahr 2007 ebenso wie bei der Novelle des sogenannten BKA-Gesetzes im Jahr darauf. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht einmal mehr deutlich gemacht, wo die Grenzen von Überwachung und dem Eindringen in die Privatsphäre sind; wie es das schon in Ansätzen bei dem Urteil getan hat, mit dem es die Vorratsdatenspeicherung kippte und die Politik zwang, das Gesetz neu zu erarbeiten. Deutschlands oberste Richter sind nicht blauäugig. Sie wissen sehr wohl, dass Sicherheitsbehörden über zeitgemäße Instrumente verfügen müssen, etwa um Terroranschläge verhindern oder zumindest aufklären zu können. Deswegen haben sie das BKA-Gesetz auch nur in Teilen für verfassungswidrig erklärt, dort, wo es zu schwammig formuliert ist oder dem Bundeskriminalamt zu viele Kompetenzen ohne unabhängige Kontrolle zugesteht. Die Einforderung eines konkreteren rechtlichen Rahmens ist richtig und wichtig, weil sie möglicher Willkür von Sicherheitsbehörden einen Riegel vorschiebt. Anti-Terrorkampf darf niemals bedeuten, dass Freiheit, Datenschutz und Persönlichkeitsrechte unter die Räder geraten und von Sicherheitsbestrebungen zermahlen werden. Eine Gesellschaft, die verängstigt ist, neigt dazu, leichtfertig das zu opfern, was den Kern ihrer Grundordnung ausmacht. Umso wichtiger ist es, dass es Menschen gibt, die gegen möglicherweise grundrechtsverletzende Gesetze klagen - und Richter, die dem Gesetzgeber deutlich machen, dass er sorgfältiger und gewissenhafter arbeiten muss, wenn er Sicherheitsbehörden in die Privatsphäre seiner Bürger eindringen lässt.

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