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NRZ: Seehofer sollte sich entschuldigen - ein Kommentar von JAN JESSEN
Essen (ots)
Noch sind die Untersuchungen zum vermeintlichen Skandal in der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nicht abgeschlossen. Es kristallisiert sich aber immer deutlicher heraus, dass von den ursprünglichen Vorwürfen gegen die ehemalige Leiterin der Behörde wenig übrig bleibt. Ihr war vorgeworfen worden, zwischen 2013 und 2016 bis zu 1200 Asylanträge bewusst zugunsten der Antragssteller entschieden zu haben. Tatsächlich gab es seit dem Jahr 2000 offenbar nur 165 Verstöße. Was bleibt, ist ein anderer Skandal: Dass Bundesinnenminister Horst Seehofer schon vor einer ansatzweisen klaren Sicht auf die Dinge die ihm untergebenen Bamf-Mitarbeiter verurteilte, Bamf-Leiterin Jutta Cordt opferte und es widerspruchslos zuließ, dass sein Staatssekretär Stephan Mayer erkenntnisfrei von einem "hochkriminellem und bandenmäßigen Vorgehen" in Bremen schwadronierte. Das ist keine verantwortungsvolle Aufarbeitung, das ist populistische Politik. Es gab natürlich zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Bamf schwere Versäumnisse, einfach, weil die Behörde überfordert war; etwa den massenhaften Verzicht auf Identitätsüberprüfungen. Zugleich hat das Bamf zahllose Asylanträge rechtswidrig abgelehnt, wie in Tausenden Gerichtsentscheidungen dokumentiert worden ist. Die Skandalisierung der Vorgänge in Bremen durch die Medien, aber auch durch die Politik und den zuständigen Innenminister, hat die Tonlage in der Asyldebatte noch deutlich schriller werden und zeitweise ins Hysterische abgleiten lassen. Ein Fressen für die AfD. Seehofer sollte zumindest über eine Entschuldigung nachdenken.
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