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Hört auf, nur auf die Abiturienten zu schauen!
Essen (ots)
Oft scheint es so, dass die Welt und die Schullandschaft allein aus Abiturienten besteht. Ziemlich sicher liegt es daran, dass Minister, Politiker und Schulräte häufig selbst einmal ein Abi gebaut und dann studiert haben. Mit solch einem Lebenslauf hat man einen ganz besonderen Blick aufs Thema Bildung. Leider lässt diese Sicht viele andere Schüler außen vor. Das ist fatal. Zunächst steht fest: Die Abiturienten 2020 haben gerade einmal drei Wochen echter Schulzeit verloren. Eigentlich sind es nur zwei, weil in der Woche vor den Osterferien die meist sehr launige Mottowoche das Lernen eh doch sehr eingeschränkt hätte. Keine Frage: Viele haben auf den letzten Metern vorm Abi vielleicht etwas schwierigere Lernbedingungen. Aber das sollten gute Lehrer in ihrer Beurteilung berücksichtigen können. Sie wissen doch zumeist genau, wer sich in den letzten 12 oder 13 Jahren angestrengt hat und ob jemand dringend die 1,0 fürs Medizinstudium benötigt. Kaum im Blickfeld jedoch sind die Hunderttausenden von Prüflingen, die gerade vor ihren Abschlüssen im Handwerk, im kaufmännischen Bereich oder im Gesundheitswesen stehen. Diese jungen Leute haben ebenfalls keine optimalen Lernbedingungen - zusätzlich aber mussten und müssen sie noch mehr arbeiten als sonst. Etwa die künftigen Verkäuferinnen im Lebensmitteleinzelhandel. Zum Lernen gibt's noch viele Überstunden oben drauf. So gut wie kein Arbeitgeber in dieser Branche räumt dem Nachwuchs mehr Freiräume ein. Allen Beteuerungen um eine gute Nachwuchsförderung zum Trotz. Wirklich schwer haben es die Kleinen in den Grundschulen: Die ausgefallenen Unterrichtswochen haben schon jetzt ein Manko bei den grundlegenden Techniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen hinterlassen. Und es werden noch mehr. Zusätzlich fehlt die Sprachförderung für Kinder aus Migrantenfamilien. Jeder weiß: Je eher Sprache unterrichtet wird, desto besser gelingt die Integration. Genau darüber müssen sich die Leute mit Hochschulabschluss nun schleunigst Gedanken machen.
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