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Neues Deutschland: zu Politik und Religion im Blick auf die Ereignisse im Norden Afrikas

Berlin (ots)

»Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen...«, so beginnt der erste Satz unserer Grundgesetzpräambel. Weil »unser Gott« und das christliche Menschenbild uns leiten, leben wir in Freiheit, Demokratie und mit Menschenrechten. Was generell - aber derzeit vor allem gegenüber Kairo - zu beweisen wäre. Doch kaum richtet sich der Blick auf die arabische Welt und den dort gesetzten Gott, schon wird kollektives Pflichtzittern vor Islamismus erzeugt. Man pflegt das Vorurteil, mehrheitlich muslimisch besiedelte, islamgeprägte Länder seien demokratieunfähig. Mit Waffen und Wegsehen stützte auch Deutschland Mubaraks Diktatur, um unsere (angebliche) Freiheit zu verteidigen - am Suez-Kanal, auf dem der Lebenssaft des Westens in profitable Raffinerien schwimmt. Mubarak am Ende, die traditionelle Geostrategie wankt. Kaum aber verlangen Nordafrikas Völker Menschenrechte, schon orten einige die Bin-Laden-Air-Force im Anflug auf Türme westlicher Lebensart. Statt mit diplomatischer Macht zu versuchen, durch freie Wahlen neue Wege partnerschaftlicher Politik zu ebnen, klebt man - selbstverblendet - Muslimbruder-Etiketten. Aufbegehrende Völker sind nicht das Problem. Sie könnten Teil der Lösung sein, haben ein Recht auf Solidarität. Wer die verweigert und Mubarak hält, provoziert Radikalisierung. Eine so entstehende neue Diktatur dürfte in der Tat nicht »unserem Gott« gefällig sein.

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