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Neues Deutschland: SPD: Erfolg genügt

Berlin (ots)

Was Peer Steinbrück von Parteien hält, ist in jüngerer Zeit in mehreren Biografien recht übereinstimmend beschrieben worden. Sie sind ihm Mittel zum Zweck. Auch die eigene Partei. »Die Verteilung von gescheiten Köpfen und Deppen, Persönlichkeiten und Knallchargen über die Parteien« entspricht nach seiner Beobachtung der »Normalverteilung der Bevölkerung«. Das gilt sicher auch für die Verteilung von Selbstdarstellern über die Parteien. Peer Steinbrück kann allerdings für sich in Anspruch nehmen, einer der wenigen zu sein, die es bei gleichzeitiger öffentlich gemachter Verachtung für ihre Partei bis zu deren Spitzenkandidat gebracht haben. Steinbrück hat die Führung der SPD auf seiner Seite - obwohl er ein geradezu verächtliches Verhältnis zum »Funktionärskörper« pflegt, wie die FAZ-Korrespondenten Lohse und Wehner es bei der Vorstellung ihrer Biografie (Droemer-Verlag) beschrieben. Doch auch die Parteilinke signalisiert Schulterschluss - obwohl Steinbrück unter den drei bisherigen Kandidaten den ihr am deutlichsten abgewandten Kurs vertritt. Steinbrück ist der von den sozialen Folgen unbeeindruckteste Vertreter der »Reformpolitik« von Gerhard Schröder. Man kann ihn den ehrlichsten, man kann ihn auch den skrupellosesten Verteidiger der Agenda-Politik nennen nennen. In selbstgenügsamer Erwartung begrüßt die SPD-Linke ihn dennoch - er solle ja nicht ihr Kanzler, sondern Kanzler für Deutschland werden. Vor einer solchen Interessenvertretung sollte es alle Schwachen dieser Gesellschaft rechtzeitig zu grausen beginnen. Der größte gemeinsame Nenner aller parteiinternen Zustimmung in der SPD ist der erwartete mediale Sog, den Steinbrück ohne Zweifel entfalten wird. Der Erfolgsdrang hat sich offenbar vom sozialen Selbstverständnis schon so weit gelöst, dass die auf eine Beteiligung an den Früchten des Erfolgs spekulierenden Genossen die zurückbleibenden Wähler kaum noch wahrnehmen. Wir kennen keine Parteien mehr, sondern nur noch ihren Erfolg? Wenn die aufwändigen Karriererituale dies nicht verhinderten, gäbe es vermutlich nicht mehr nur den Wechselwähler, sondern längst massenhaft auch den Wechselpolitiker. Der öffentlich gemochten, aber inhaltlich verwechselbaren Kanzlerin wird ein öffentlich wirksamer, aber inhaltlich verwechselbarer Kandidat entgegengestellt. In Erwartung des wahrscheinlichen Ergebnisses einer Großen Koalition könnte man sagen: zur Seite gestellt. Die Linkspartei, die sich über ein solches Angebot zur eigenen Profilierung freuen dürfte, muss beim zweiten Blick eben diese Strategie fürchten. Es ist ja die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass sie Erfolg hat. Angela Merkel beherrscht die Umfragen unangefochten, obwohl Mehrheiten der Bevölkerung regelmäßig ihren politischen Zielen widersprechen. Und selbst wenn der SPD-Weise Rudolf Dressler recht hätte, dass Steinbrück jetzt in der noch offenen Wahlprogrammdebatte seiner Partei zerrieben würde, bliebe doch das jetzige Bekenntnis der SPD zu ihm ungelöscht.

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