neues deutschland: Öcalans Offensive
Berlin (ots)
Es war nicht Öcalans erster Appell für einen friedlichen Interessenausgleich zwischen kurdischer und türkischer Bevölkerung in der Türkei, und es war auch nicht sein erstes Angebot, dass die PKK die Waffen niederlegt. Wie immer es ausgeht - es wurde medial beachtet wie nie zuvor. Seit Erdogan die Türkei regiert, gibt es immer wieder informelle Dialogkanäle zwischen beiden Seiten. Allmählich verblasst jene großtürkische Attitüde Ankaras, in deren Verständnis Öcalan nur als Monster vorkam und in der es die Identität eines Staatsbürgers der Türkei als Kurde nicht geben durfte. Doch vollzieht sich die Annäherung des türkischen Establishments an die Realität - vor allem für die Menschen in Türkisch-Kurdistan, aber auch der kurdischen Diaspora in aller Welt - in unnötig quälender Langsamkeit. Ein vernünftiger Grund dafür ist nicht erkennbar. Die PKK von heute erhebt keinen Anspruch mehr auf Eigenstaatlichkeit. Die Gefahr einer Aufspaltung des türkischen Staates besteht also eher in der weiteren Verfolgung des Kriegskurses gegenüber der PKK als in einem Dialog der Regierung mit ihr. Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, dass der auch wirtschaftlich aufstrebende türkische Staat noch erheblich besser dastünde ohne die faktische Stigmatisierung eines Fünftels der Bevölkerung, ohne Guerilla-Krieg und ohne die permanente Angst vor Terror und Gegenterror. Berlin könnte einen Beitrag zur Annäherung leisten, indem es die PKK von der Terrorliste streicht.
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