neues deutschland: Zum Kongress Umfairteilen in Berlin
Berlin (ots)
Wer erinnert sich noch an den Sommer 1998? Damals herrschte Aufbruchstimmung gegen den »Sozialabbau«. Die Gewerkschaften warben im Kino für einen Regierungswechsel, die »KMW«-Buttons der Jusos prangten sogar auf mancher Hausbesetzer-Lederjacke. »Kohl Muss Weg«, das allein war schon Programm. Was folgte, ist bekannt: Rot-Grün setzte jene Dynamiken in Gang, gegen die man heute Wahlkampf macht. Das damalige »Reformklima« führte zu jener Explosion der Außenhandelsüberschüsse, die einen harten Kern der heutigen Krise ausmacht. Arbeitende Arme, staatlich subventionierte Hungerlöhne, das Ende des Normalarbeitsverhältnisses folgten. Von seinem starken Zen-trum aus wurde Europa neoliberal sturmreif geschossen. Die heutige Lage ist auf den ersten Blick ähnlich. Wieder lassen sich gerade die Gewerkschaften in einen rot-grünen Anlauf einbinden. Die SPD, die nur mit den Kollegen gewinnen kann, reibt sich die Hände. Doch beim »Umfairteilen«-Kongress konnte man gerade unter Gewerkschaftern auch Zweifel und Misstrauen spüren. Diesmal wolle man nicht so naiv sein wie beim ersten Versuch. Linkes Programm minus rechter Kandidat minus Schuldenbremsen-Rhetorik: Die Konstellation bei den Sozialdemokraten scheint unter Gewerkschaftern wenig Vertrauen zu stiften. Unterm Strich lässt sich mit dieser Formel offenbar schon gar nicht die Wechselstimmung herstellen, die nötig wäre, um Rot und Grün überhaupt in die Verlegenheit eines zweiten Versuches zu bringen.
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