neues deutschland: Pakt zur Abschaffung des Asylrechts: Gesicht gezeigt¶
Berlin (ots)
Wie schnell doch die EU auf einen Nenner zu bringen ist! 28 Regierungschefs brachten es binnen Stunden fertig, eine gemeinsame Position zu einem Problem zu finden, das sie über Monate hinweg entzweit hat. Der Unterschied zu all dem vorherigen Gezerre um die Aufnahme von Flüchtlingen besteht darin, dass sich jemand Drittes gefunden hat, die Drecksarbeit zu übernehmen. Dass die Türkei sich bereitfindet, der EU die Flüchtlinge vom Leib zu halten. Doch die Gründe Ankaras sind nicht altruistisch. Auch wenn das Land seit Jahren mit weit mehr Flüchtlingen konfrontiert ist, als alle Schwarzmaler in Bayern oder Ungarn in ihren gruseligsten Gutenachtgeschichten herbeifantasieren könnten, ist Ankaras Vorstoß kühl berechnet. Und die EU-Staaten schlucken mit dem Köder nicht nur die Forderungen Ankaras nach Visafreiheit. Kollektiv akzeptieren sie auch die türkische Art der Problemlösung, den Rechtsbruch als probates Mittel der Politik. Im konkreten Fall wird nicht einfach das Asylrecht aller Flüchtlinge ignoriert, die keine Syrer sind. Es ist das Asylrecht selbst, das geopfert wird. Doch so überraschend ist dies nun auch wieder nicht, und die Klage über ein verratenes Europa der Werte gilt einer längst erkalteten Leiche. Die moralische Integrität der EU ist eine Illusion, wie sich spätestens beim Feilschen um Flüchtlingskontingente zeigte. Die EU hat ihr Gesicht nicht verloren, sie hat ihr wahres Gesicht gezeigt. Auch der Pakt mit Ankara sieht Kontingente vor, die die EU aufnimmt. Wer das konkret erledigen soll, wurde bisher tunlichst beschwiegen.
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