"nd.DieWoche": Ein bisschen gerechter - Kommentar zu den neuen Mindeststeuerregeln für Großkonzerne
Berlin (ots)
Wenn die Wirtschaftspolitik glaubt, Mindestregeln einführen zu müssen, läuft etwas grundverkehrt. So war es schon bei der Einführung von Mindestlöhnen. Auch im Steuerrecht, das Konzernen extrem viele Schlupflöcher bietet, soll nun ein Minimum die schlimmsten Auswüchse eindämmen: Der Bundestag beschloss am Freitag, dass alle international agierenden deutschen Unternehmen mit mehr als 750 Millionen Euro Jahresumsatz mindestens 15 Prozent Steuern zahlen müssen. Darunter fallen rund 800 Firmen.
Bekanntlich hatten die Globalisierung und die neoliberale Standortkonkurrenz die Möglichkeiten der Konzerne, ihre Gewinne in Länder zu verschieben, in denen extrem niedrige Steuern zu bezahlen sind, erheblich vergrößert. Davon machen sie, auch im Interesse ihrer Aktionäre, natürlich hemmungslos Gebrauch. Wenn große Unternehmen mit Sitz in Deutschland künftig Finanzoasen nutzen, wird die dortige Zahlung hierzulande auf 15 Prozent aufgestockt. So war es im Rahmen von G20 und OECD beschlossen worden. An den Mehreinnahmen sollen alle Länder, in denen die Konzerne hohe Umsatzerlöse erzielen, beteiligt werden, da sonst der Globale Süden praktisch leer ausginge.
Viele, viele Jahre hat es bis zu den jetzigen Beschlüssen gedauert. Geht es darum, die Industrie bei Stromkosten zu entlasten, dauert es wenige Monate. Dennoch: Die Mindestbesteuerung ist von großer Bedeutung als Maßnahme gegen den Steuersenkungswettbewerb der Staaten, der praktisch nur Verlierer kennt. Allerdings werden nur die ganz Großen belangt, die meisten Unternehmen bleiben außen vor. Und davon, dass die Konzerne gemäß ihrer Finanzstärke Steuern zahlen, bleiben wir weit entfernt. Die Neuregelung bringt mehr Steuergerechtigkeit, aber nur ein kleines bisschen.
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