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"nd.DieWoche": Albtraum für alle Muslime - Kommentar zu den Folgen des Wahlsiegs des Rechtspopulisten Geert Wilders'

Berlin (ots)

Die Bilder, die seit Wochen um die Welt gehen, haben wesentlich dazu beigetragen, dass der rechte Politiker Geert Wilders mit seiner sogenannten Partei für die Freiheit die Parlamentswahl in den Niederlanden gewonnen hat. Auf den Bildschirmen waren und sind die Kämpfer der palästinensischen Hamas, die ein Pogrom in Israel begangen und Geiseln in ihrer Gewalt haben, sowie deren Unterstützer zu sehen, die von schlichten Gemütern mit all jenen in einen Topf geworfen werden, die weltweit gegen die Bombardierungen durch die israelische Armee im Gazastreifen und die dortigen Vertreibungen auf die Straße gehen.

Wilders schürt seit Jahren den Hass auf Muslime. Die Eskalation im Nahen Osten kam für ihn zu einem perfekten Zeitpunkt. Ebenso wie andere rechte Politiker in Europa, darunter die Oppositionspolitikerin Marine Le Pen in Frankreich und der ungarische Regierungschef Viktor Orbán, verbreitet Wilders die Erzählung, Muslime und der Islam würden eine Bedrohung für die Mehrheitsgesellschaften europäischer Staaten darstellen. Viele seiner Unterstützer sprechen von einer angeblich drohenden Unterwanderung durch den Islam.

Diese Verschwörungstheorie verfängt auch bei Wählern in osteuropäischen Ländern, in denen es keine zahlenmäßig bedeutenden Minderheiten muslimischen Glaubens gibt. In Ungarn hat Orbán seine Kampagne gegen die Zuwanderung aus Ländern des Nahen Ostens und Nordafrika mit antisemitischen Tönen verbunden, indem er den jüdischen US-Milliardär, Finanzinvestor und Mäzen George Soros bezichtigte, die illegale Migration nach Europa fördern zu wollen. Die Behauptung, dass mächtige und reiche Juden im Hintergrund die Fäden ziehen, gehört zum verbalen Standardrepertoire der Antisemiten.

Gegen die Propaganda der Islamhasser helfen nur Fakten. Tatsache ist, dass es auch unter Muslimen, ebenso wie in der Mehrheitsgesellschaft, zahlreiche Antisemiten, Rassisten und radikale Rechte gibt. Die Freunde der Hamas und die Netzwerke des türkischen Autokraten Recep Tayyip Erdogan, die in Deutschland auch Moscheevereine umfassen, sind hierfür nur zwei Beispiele in der Europäischen Union. Wer dies aus Angst vor Rassismusvorwürfen verschweigt, beschönigt oder Islamisten als Partner sieht, der leistet Wahlkampfhilfe für Wilders, Le Pen und Orbán.

Das bedeutet nicht, dass die Maßnahmen der europäischen Rechten im Kampf gegen den Islamismus übernommen werden sollten. Statt Abschiebungen und Abschottung zu forcieren, müssen die muslimischen Einwanderer und ihre Nachkommen endlich als gleichberechtigte Mitglieder der europäischen Gesellschaften behandelt werden. Das gilt auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, im Gesundheitssystem und beim Zugang zur Bildung. Wer das Gefühl hat, zu dem Land zu gehören, in dem er lebt, und nicht mehr wegen seiner Herkunft diskriminiert wird, der hat auf einmal deutlich attraktivere Perspektiven, als Erdogan oder der Hamas nachzulaufen.

Die Mehrheit der Muslime, die in Europa eingebürgert wurden, tut dies ohnehin nicht. Ihr Wahlverhalten gibt Aufschluss darüber, welche Gesellschaften sie sich wünschen. In westeuropäischen Ländern wie Deutschland und den Niederlanden neigen sie stärker als die Mehrheitsgesellschaft dazu, die Mitte-links-Parteien zu wählen. In Frankreich unterstützten sie in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen mehrheitlich den linken Politiker Jean-Luc Mélenchon, im zweiten Wahlgang den liberalen Amtsinhaber Emmanuel Macron gegen seine Herausforderin Marine Le Pen. Dies ist ein Beweis dafür, dass die Mehrheit der Muslime, denen die Staatsbürgerschaft und somit auch das Wahlrecht zugestanden wurden, nicht nur eine tolerantere, sondern auch eine ökologische und sozialere Politik will. Aus linker Sicht sind diese Menschen also ein Gewinn und keineswegs eine Bedrohung.

Doch Wahlergebnisse wie in den Niederlanden tragen dazu bei, dass die Hoffnungen auf eine fortschrittlichere und friedlichere Gesellschaft zerstört werden. Sollte Geert Wilders der nächste Regierungschef werden, wird er Muslime an den Rand drängen und somit die Spaltung der Gesellschaft vertiefen. Nicht nur Islamhasser können sich die Hände reiben angesichts des fortschreitenden Rechtsrucks in Europa. Auch islamistische Menschenfänger werden profitieren. Wenn die Religionsausübung für Muslime erschwert werden und die Repression zunehmen sollte, ist die Saat gelegt für Radikalisierungen und Terror.

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