Neues Deutschland: zur Gesundheitsreform
Berlin (ots)
Man mag den Wettervorhersagen trauen oder nicht, aber wenn eine Sturmwarnung gegeben wird, weiß man wenigstens, wovor gewarnt wird: vor einem Sturm natürlich. Das ist bei einer Gewinnwarnung anders. Es handelt sich um einen Euphemismus, einen Begriff, der das Gemeinte verhüllt, hier sogar ins Gegenteil maskiert: Angekündigt wird keine Explosion, sondern ein Einbruch des erwarteten Gewinns. Wirtschaft und Politik bedienen sich gern der begrifflichen Täuschung, die gelegentlich auch in Selbsttäuschung endet. Entlassungen werden zu Freisetzungen, Sozialabbau zur Sozialreform, Menschen zum Humankapital, Kriege zu Missionen und Kriegstote zu Kollateralschäden. Und was ist mit der Gesundheitsreform? Werden wir ab dem 1. April alle so reformiert sein, dass Krankheiten fortan besser heilen? Wohl nicht. Nur eines ist gewiss: dass wir mehr zahlen müssen und die Pharmaindustrie weiter zulangen darf. Die Farce, zu der das »Jahrhundertwerk« geworden ist, beleidigt den Gedanken der Solidarität. Verstanden wird ohnehin nichts mehr. Selbst Abgeordnete der Koalition ballen kleine Fäuste in der Tasche. Deswegen wurden sie gestern zur Probeabstimmung bestellt - noch so ein Begriffsmüll. Was wurde da geprobt? Eine Mehrheit von 308 plus x Stimmen hat die Koalition bei 447 eigenen Sitzen sicher. Aber geprobt wurde. Wie man die Hand hebt? Der Spaß vor dem Ernst? Nein, die Ausübung des freien Mandats - also: die Disziplin.
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