Deutscher Berufs- und Erwerbsimkerbund e.V.
Wie lange dürfen Hessens Bienen noch gentechnikfreien Honig sammeln?
Der Deutsche Berufsimkerbund und die Aurelia Stiftung warnen vor dem drohenden Ende der gentechnikfreien Imkerei und Risiken der Neuen Gentechnik für Bestäuber in Hessen. Klare Positionierung von Ministerpräsident Boris Rhein nötig.
Berlin, 26. September 2023 | Das Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen im neuen hessischen Naturschutzgesetz (§ 18 HeNatG) wird durch den im Juli 2023 von der EU-Kommission vorgestellten Verordnungsentwurf zur Pflanzenzucht mit neuen molekulargenetischen Werkzeugen und deren Anbau im Freiland ausgehebelt. Hessen ist seit 2014 Mitglied im „Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen” und die Landesregierung setzt sich seit vielen Jahren aktiv für den gentechnikfreien Anbau und für die Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln ein. Im hessischen Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode schließen CDU und Grüne ausdrücklich die Verfahren der Neuen Gentechnik ein und versprechen, die hessischen Imker:innen stärker zu unterstützen.
Die Aurelia Stiftung und der Deutsche Berufs und Erwerbs Imker Bund e. V. (DBIB) informieren heute in einem gemeinsamen Brief den Hessischen Ministerpräsidenten über die Folgen des EU-Kommissions-Entwurfs für die gentechnikfrei wirtschaftenden hessischen Imker und Imkerinnen sowie für Hessens Naturräume und Ökosysteme. Demnach werde Hessen, wenn die EU-Kommission sich durchsetzt, seine jahrzehntelang erfolgreiche gentechnikfreie Landwirtschaft verlieren und solle auch keine Möglichkeit haben, Gentechnik-Felder als solche auszuweisen. Das habe schwerwiegende Folgen für Hessens Imker und Imkerinnen, die fortan keinen gentechnikfreien Honig mehr gewinnen könnten.
Annette Seehaus-Arnold, Präsidentin des Deutschen Berufsimkerbunds:
„Wie sollen Hessens Imker und Imkerinnen gentechnikfreien Honig produzieren, wenn sie nicht einmal wissen, wo sich Felder mit Gentechnik befinden? Bioimker und -imkerinnen sind auch künftig gesetzlich verpflichtet, gentechnikfrei zu produzieren. In der Praxis allerdings wird es unmöglich sein, in Hessen gentechnikfreien Honig zu produzieren.“
Nicht nur die von der EU-Kommission beabsichtigte weitgehende Abschaffung der Gentechnik-Kennzeichnung sei inakzeptabel, auch der angekündigte Verzicht auf die bislang geltende Einzelfall-Umweltverträglichkeitsprüfung für Gentechnik-Pflanzen berge erhebliche Gefahren für Hessens Natur. Der Deutsche Berufsimkerbund und die Aurelia Stiftung verwiesen in diesem Zusammenhang auf eine Studie der Universität Zürich, nach der schon ein einzelnes Gen ein ganzes Ökosystem beeinflussen kann.
Bernd Rodekohr, Leiter des Projekts „Biene und Gentechnik“ bei der Aurelia Stiftung:
„Die nach den Plänen der EU-Kommission bevorstehende Freisetzung einer großen Zahl nicht risikogeprüfter gentechnisch veränderter Pflanzen mit neuen Eigenschaften würde für Bienen, andere Bestäuber und Insekten ein nicht kalkulierbares Risiko durch Wechselwirkungen untereinander und mit der Umwelt bedeuten. Zum Beispiel können durch Pollenflug neue, für Bestäuber schädliche Veranlagungen auch in verwandte Arten und in Wildpopulationen auskreuzen.“
Die Aurelia Stiftung und der Deutsche Berufsimkerbund appellieren an den Hessischen Ministerpräsidenten, sich im Interesse der gentechnikfreien hessischen Imkerei, Natur und Landwirtschaft für eine klare Regulierung der Neuen Gentechnik auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene einzusetzen. Boris Rhein müsse auf Zulassungsverfahren mit individueller Risikoprüfung und Kennzeichnungspflicht für alle mit Hilfe neuer gentechnologischer Verfahren erzeugten Pflanzen und Tiere bestehen.
Weitere Informationen
Infos der Aurelia Stiftung zum Thema: www.biene-gentechnik.de
Vorschlag der EU-Kommission zu neuen genomischen Verfahren: https://food.ec.europa.eu/plants/genetically-modified-organisms/new-techniques-biotechnology_de
Bundesumweltministerium (BMUV), FAQ Neue Gentechnik, Genome Editing und CRISPR/Cas: https://www.bmuv.de/faqs/neue-gentechnik-genome-editing-und-crispr-cas
Repräsentative Umfrage: Deutliche Mehrheit für Kennzeichnung und Risikoprüfung von Neuer Gentechnik (Foodwatch): https://www.foodwatch.org/de/repraesentative-umfrage-deutliche-mehrheit-befuerwortet-kennzeichnung-und-risikopruefung-von-neuer-gentechnik
Studien:
- Ein einzelnes Gen kann ein ganzes Ökosystem beeinflussen (Universität Zürich): https://www.news.uzh.ch/de/articles/media/2022/Schl%c3%bcsselgen.html
- Risiken der Freisetzung von genomeditierten Pflanzen auf Ökosysteme (Katharina Kawall): https://enveurope.springeropen.com/counter/pdf/10.1186/s12302-021-00482-2.pdf
- Neue Gentechnik zeigt bisher unbekannte Dimension von Umweltrisiken (Testbiotech): https://www.testbiotech.org/aktuelles/publikation-ueber-neue-gentechnik-zeigt-bisher-unbekannte-dimension-von-umweltrisiken
- Pflanzen vermeiden gefährliche Mutationen (Max-Planck-Gesellschaft): https://www.mpg.de/18127703/0111-entw-ein-schritt-voraus-wie-pflanzen-gefaehrliche-mutationen-vermeiden-151730-x
Kontakt
Matthias Wolfschmidt, Vorstand der Aurelia Stiftung: matthias.wolfschmidt@aurelia-stiftung.de | 030577003962
Julia Lieth, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Aurelia Stiftung:
julia.lieth@aurelia-stiftung.de | 030577003964
Bernd Rodekohr, Fachreferent „Biene und Gentechnik“ der Aurelia Stiftung: bernd.rodekohr@aurelia-stiftung.de
Annette Seehaus-Arnold, Präsidentin Deutscher Berufs und Erwerbs Imker Bund e. V.: annette.seehaus-arnold@berufsimker.de
Janine Fritsch janine.fritsch@berufsimker.de –––––––––––––– i. A. Deutscher Berufs und Erwerbs Imker Bund e.V. (DBIB) M +49 (0) 172 8246210
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