PM Überlebenswichtige Rastplätze: Bedrohte Zugvögel nutzen neu geschaffene Kleingewässer im Landkreis Grafschaft Bentheim
Überlebenswichtige Rastplätze: Bedrohte Zugvögel nutzen neu geschaffene Kleingewässer im Landkreis Grafschaft Bentheim
Auf ihrer langen Reise in den Süden machen zahlreiche Zugvögel – darunter viele seltene und bedrohte Arten – Halt in der Vechteaue im westlichen Niedersachsen. Auch der mittlerweile stark gefährdete Kiebitz findet hier neuen Lebensraum. Ein Grund dafür sind die von der Naturschutzstiftung Grafschaft Bentheim und der Heinz Sielmann Stiftung neu angelegten Kleingewässer, die sich als großer Gewinn für den Vogel- und Naturschutz in der Region erweisen.
Man könnte die unscheinbaren Gewässer für große Pfützen halten, tatsächlich handelt es sich aber um lebenswichtige Landschaftselemente: Blänken, die mit ihren flachen Ufern ideale Brut- und Rastplätze für verschiedenste Vögel sind. Im Rahmen des Projekts BioGraf im bundesweiten BiotopVerbund-Projekt wurden seit 2020 insgesamt 18 dieser Tümpel in der Vechteaue im Landkreis Grafschaft Bentheim angelegt. Schon jetzt zeigt sich, wie wichtig die Kleingewässer für die heimische Vogelwelt und Artenvielfalt sind.
Kraft schöpfen für den langen Flug nach Süden
„Wir können um diese Jahreszeit an den Blänken unter anderem Gold- und Flussregenpfeifer, Zwergschnepfen, Bekassinen, Rot- und Grünschenkel, Kampfläufer und Bruchwasserläufer beobachten“, sagt Christian Kerperin, Leiter des Teilprojekts „BioGraf – Biotopverbund im Grafschafter Vechte- und Dinkeltal“ bei der Naturschutzstiftung Grafschaft Bentheim. Allesamt sind das Arten, die entweder stark gefährdet, vom Aussterben bedroht sind oder auf der Vorwarnliste für gefährdete Arten stehen.
„Diese Watvögel befinden sich noch bis in den Spätherbst auf Durchzug in Richtung Süden“, sagt Kerperin. „Sie fliegen in kleinen Trupps und brauchen unterwegs Möglichkeiten zur Rast, damit sie ihre Reserven auffüllen und Kraft schöpfen können. Solche Gelegenheiten finden sie an den neuen Blänken, die wir in den vergangenen vier Jahren hier in der Region geschaffen haben.“ Fehlen derartige Trittsteine, leidet die Kondition der Vögel – was letztlich ihre Überlebenschancen auf der teils mehrere tausend Kilometer langen Reise mindert.
Neue Heimat für den Vogel des Jahres 2024
Und nicht nur in der Zugzeit profitieren Vögel von den Blänken. Im Sommer 2023 konnten auf den Maßnahmenflächen in der Vechteaue erstmals seit vielen Jahren wieder brütende Kiebitze beobachtet werden. Auch in diesem Jahr tauchten die Vögel hier wieder auf. Ein gutes Zeichen: „Wir gehen davon aus, dass der Kiebitz mit unserer Unterstützung wieder einen dauerhaften Lebensraum in der Vechteaue gefunden hat“, sagt Dr. Johannes Heinze, zuständiger Projektleiter bei der Heinz Sielmann Stiftung.
„Kiebitze galten früher als Allerweltsvögel“, sagt Heinze. Jedoch sind ihre Bestände seit den 1990er-Jahren um mehr als 90 Prozent eingebrochen. „Die Bestandsentwicklung des Kiebitzes ist exemplarisch für die einer Vielzahl von Arten“, sagt Heinze: „Feuchtwiesen mit Kleingewässern verschwinden vielerorts aus der Landschaft und damit die nötigen Brut- und Nahrungsflächen für Wiesenbrüter wie den Kiebitz.“ Um auf seine Gefährdung aufmerksam zu machen, wurde der Kiebitz in diesem Jahr zum Vogel des Jahres ernannt.
Wiederherstellung einstiger Landschaftsstrukturen
Dass die Region vom Kiebitz und anderen Watvögeln so gut angenommen wird, liegt an der gut durchdachten Planung der naturschutzfachlichen Maßnahmen im Projekt BioGraf: „In der Vechteaue wurden Gewässer wie Perlen an einer Kette angelegt“, erklärt Heinze. „Diese Nähe zueinander schafft Trittsteine in der Landschaft, die letztlich über den Überlebenserfolg einer Art entscheiden.“
Die Landschaft der Vechteaue war vor rund 120 Jahren noch sehr abwechslungsreich: Kleine Felder und Heiden wurden von Hecken und Wällen umgrenzt, sie wechselten sich mit Mooren und Wäldern ab. Mit der Flurbereinigung Mitte des 20. Jahrhunderts verschwanden die Strukturvielfalt und damit viele Lebensräume und Arten. Im Rahmen des BiotopVerbund-Projekts wurde in der Modellregion Grafschaft Bentheim ein Teil der einstigen Lebensräume wiederhergestellt. Neben den Blänken wurden andernorts in der Region auch Blühstreifen und -wiesen angelegt und mehr als sieben Kilometer an Uferstreifen mit rund 6.000 standorttypischen Bäumen und Sträuchern bepflanzt.
Mehr über die Projekte in der Modellregion Grafschaft Bentheim im BiotopVerbund-Projekt erfahren Sie hier. Mehr Informationen zum dortigen Bruterfolg der Kiebitze finden Sie hier .
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HINTERGRUND
Das von der Heinz Sielmann Stiftung initiierte BiotopVerbund-Projekt „Landschaft + Menschen verbinden – Kommunen für den bundesweiten Biotopverbund“ wurde von September 2020 bis Juli 2024 im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gefördert.
Mit drei regionalen Partnern wurden auf Rügen in Mecklenburg-Vorpommern, in der niedersächsischen Grafschaft Bentheim und im bayerischen Ampertal bei Freising verschiedene Modellprojekte zur Aufwertung, Schaffung und Vernetzung von Biotopen entwickelt und Maßnahmen umgesetzt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse und die erworbene Expertise werden in einer Planungshilfe für Biotopverbundmaßnahmen auf kommunaler Ebene sowie in einem in Kürze erscheinenden „Leitfaden für mehr Lebensräume und Artenvielfalt in Kommunen“ kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Jetzt informieren unter www.biotopverbund.de
Florian Amrhein Pressesprecher Telefon: +49 (0)5527 914 428 Mobil: +49 (0)160 889 38 09 E-Mail: florian.amrhein@sielmann-stiftung.de