PM In Brandenburg vom Aussterben bedroht: Fake-Hummel in den Mooren von Wanninchen entdeckt
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In Brandenburg vom Aussterben bedroht: Fake-Hummel in den Mooren von Wanninchen entdeckt
Sie ist vollkommen harmlos und tarnt sich deshalb als stechendes Insekt: Die Hummelschwebfliege ist in Brandenburg vom Aussterben bedroht. Nun wurde sie in Sielmanns Naturlandschaft Wanninchen nachgewiesen – und mit ihr viele weitere seltene Arten.
Die Hummelschwebfliege (Mallota fuciformis) macht ihrem Namen alle Ehre: Nicht nur, dass sie mit ihrem Pelz und ihren Farben nahezu perfekt eine Erdhummel imitiert. Sie fliegt auch hoch und laut wie eine Hummel, und wie eine Hummel ernährt sie sich rein vegetarisch von Blütennektar und Pollen. Das macht die Hummelschwebfliege wie ihr Vorbild zu einer wichtigen Bestäuberin von Blütenpflanzen.
Erstaunliche Funde: Zwei neue Arten für Brandenburg
Das besondere und seltene Insekt ist bei einer wissenschaftlichen Bestandsaufnahme von Fliegen und Hautflüglern in den Mooren von Sielmanns Naturlandschaft Wanninchen festgestellt worden. Durch die Heinz Sielmann Stiftung beauftragte Experten hatten das Gebiet im Sommer 2023 untersucht, nun liegen die Ergebnisse vor.
106 Arten von Schwebfliegen wurden in den Mooren gefunden: 40 Prozent aller Arten, die in Brandenburg vorkommen und gut ein Fünftel aller Schwebfliegen-Arten in Deutschland. „Das sind herausragende Zahlen. Sie zeigen, wie wichtig die untersuchten Lebensräume für diese Tiergruppe sind“, erklärt Dr. Jörg Müller, Experte für ökologisches Monitoring bei der Heinz Sielmann Stiftung: „Die abwechslungsreiche Landschaft spiegelt sich in einer reichen Artenvielfalt wider.“
21 der gefundenen Arten gelten in Brandenburg als extrem selten, gefährdet oder gar vom Aussterben bedroht. Zu letzteren zählt auch die Hummelschwebfliege. Zwei gefundene Arten wurden sogar noch nie zuvor in Brandenburg registriert: die Schwebfliegen Parasyrphus nigritarsis und Sphaerophoria philanthus.
Prädikat „besonders wertvoll“
Untersucht wurden das Bergen-Weißacker Moor, Brandteichmoor und Grünswalder Moor. Alle drei sind durch die Bergbauarbeiten in den vergangenen Jahrzehnten stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Seit die Heinz Sielmann Stiftung die Flächen für den Naturschutz erworben hat, können sich die Moore allmählich erholen. Das nun vorliegende Expertengutachten attestiert: Die Moore seien „von hoher regionaler Bedeutung“ für die Artenvielfalt und als Lebensräume für Schwebfliegen „besonders wertvoll“.
Dabei sind Moore für viele der gefundenen Arten gar nicht der bevorzugte Lebensraum. Die Hummelschwebfliege etwa braucht alte Bäume und Obstblüten, die sie in den angrenzenden Wäldern und Heiden findet. Auf ihren Wanderwegen dazwischen kreuzt sie die Moore und wurde womöglich deshalb hier gefunden.
Nahezu perfekte Täuschung
Dass die Hummelschwebfliege Erdhummeln nachahmt, ist kein Zufall: Hummeln können zur Verteidigung stechen, während die Fliege selbst völlig harmlos ist. Die fast perfekte Imitation schützt sie vor potentiellen Fressfeinden. Mimikry heißt dieses Phänomen in der Biologie. Auch andere Schwebfliegen nutzen die Strategie und tarnen sich als Biene, Wespe oder Hornisse.
Trotzdem gibt es ein paar deutliche Unterschiede zwischen Imitat und echter Hummel: Die Fliege hat nur ein Flügelpaar, während Hummeln vier Flügel besitzen. Auch der Blick aufs Insektengesicht verrät die Zugehörigkeit. Bei Schwebfliegen sitzt zwischen zwei halbmondförmigen Facettenaugen ein stummeliges Fühlerpaar. Hummeln haben dagegen ovale Augen und tragen an ihrem Kopf zwei deutlich sichtbare Fühler.
Lebensweise gibt Rätsel auf
Die Hummelschwebfliege ist wie ihr Vorbild bereits früh im Jahr unterwegs: Schon Ende März wird sie aktiv und besucht blühende Obstgehölze wie Apfel, Pflaumen oder Weißdorn. Nur wenige Wochen lebt sie als ausgewachsenes Tier. In dieser Zeit paart sie sich und legt ihre Eier ab. Ihre Larven leben in feuchten, mulmigen Höhlen alter Bäume. Was sie dort machen? „Das weiß niemand so genau“, sagt Müller: „Trotz ihrer wichtigen ökologischen Funktion ist die Lebensweise vieler Schwebfliegen, insbesondere der Larven, bisher noch zu wenig erforscht.“
Heimat für viele seltene und gefährdete Arten
Sielmanns Naturlandschaft Wanninchen bietet der rätselhaften und gefährdeten Art aber offenbar beste Lebensbedingungen: Rings um die Moore findet sie die nötigen Blüten sowie alte Weiden als Kinderstuben für ihre Larven. „Es ist erstaunlich, wie schnell die Natur hier Wunden aus der Vergangenheit in der Landschaft schließt und sich neu entwickelt“, sagt Ralf Donat, Leiter von Sielmanns Naturlandschaft Wanninchen: „Uns ist es ein Anliegen, sie dabei durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen. Erst dieser Prozess ermöglicht die enorme Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten, die auch Experten hier immer wieder faszinieren.“
Mehr über Sielmanns Naturlandschaft Wanninchen erfahren Sie hier.
Im vergangenen Jahr wurde in den Mooren von Wanninchen ein außergewöhnlicher Spinnenfund gemacht: Das Feder-Zwergstachelbein galt bis dato in Brandenburg als verschollen.
Hier finden Sie einen kompakten Naturführer der Heinz Sielmann Stiftung über heimische Schwebfliegen.
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Caroline Ring Freie Redakteurin
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