Deloitte CFO Survey: Finanzvorstände setzen auf neue Investitionsstrategien und generative KI
München (ots)
- Im Kontext eingetrübter Geschäftsaussichten verschieben sich die Investitionsschwerpunkte für exportorientierte Firmen in Richtung Nordamerika und Indien; Optimierung, Automatisierung und Digitalisierung sind die Hauptmotivationen für Investitionen.
- Im Einsatz von generativer KI sehen die meisten CFOs in naher Zukunft enormes Entwicklungspotenzial für ihr Unternehmen, wenngleich die meisten sich noch in der Experimentierphase befinden; Fachkräfte und Datenschutz sind die schwierigsten Hürden bei der Einführung von KI in Unternehmen.
- Auch in der Finanzfunktion mangelt es an digital versierten Fachkräften, was den Ausbau der Prozess- und Systemlandschaft bremst; die Akzeptanz von Outsourcing-Lösungen ist bis auf Ausnahmen jedoch noch nicht sehr ausgeprägt, dürfte aber in den kommenden Jahren deutlich steigen
Für die kommenden Monate erwarten deutsche Finanzvorstände keine Erholung der Geschäftsaussichten und zeigen sich deutlich pessimistischer als noch im Frühjahr, so der neue CFO Survey Herbst 2023 von Deloitte. Ursachen für diese Entwicklung sind u.a. Fachkräftemangel, steigende Lohnkosten, schwache Inlandsnachfrage und geopolitische Risiken.
Auch als Folge der anhaltenden Risiken zeigt die Befragung eine Verlagerung der Investitionsschwerpunkte: Neben Deutschland und Europa stehen Nordamerika und Indien im Fokus, China scheint abgeschlagen. Innerhalb der Unternehmen ist ebenfalls eine Verschiebung der Investitionen sichtbar, weg von herkömmlichen Strategien, hin zu Digitalisierung und Automation.
Besonders generative KI halten die meisten CFOs in den nächsten Jahren für sehr wichtig. Dem derzeit wohl am heißesten diskutierten Thema "Generative KI" widmet Deloitte in der aktuellen Ausgabe seines halbjährlich erscheinenden CFO Survey einen eigenen Schwerpunkt, immerhin bietet die Schlüssel-Technologie völlig neue und nicht zu unterschätzende Möglichkeiten für die Steigerung von Effizienz, Qualität und Produktivität.
Auch wenn die meisten Unternehmen erst am Anfang der Einführung dieser Technologie stehen, sieht die Mehrheit der CFOs hier in den kommenden fünf Jahren hohes Entwicklungspotenzial. Zwar ist generative KI für viele Unternehmen noch zu neu, um sie in den Geschäftsalltag zu integrieren. Fast die Hälfte der Befragten experimentiert jedoch bereits mit "GenAI" (44%).
Vor allem Großunternehmen zeigen verstärktes Interesse an generativer KI, fast zwei Drittel testen hier bereits. Führend bei der Einführung von GenAI ist der Dienstleistungssektor, wo in etwa jedem sechsten Unternehmen generative KI bereits in die Strategie integriert ist.
Enormes KI-Potenzial für Geschäftsstrategie und Innovation
Rund zwei Drittel der teilnehmenden Finanzvorstände erwarten, dass generative KI in fünf Jahren wichtig bzw. sehr wichtig für ihre Geschäftsstrategie sein wird. Auch hier haben vor allem Milliardenunternehmen das Entwicklungspotenzial der Technologie erkannt - hier halten fast 80 Prozent der CFOs generative KI für wichtig bzw. sehr wichtig für ihr Unternehmen. Die Tech-Industrie ist Vorreiter bei der Integration der KI in ihre Strategie; das Bankenwesen will in den kommenden fünf Jahren schnell aufschließen.
Die Erwartungen an die Künste der KI sind hoch: Ob Steigerung von Effizienz, Qualität und Produktivität, ob Förderung von Innovationen für Produkte und Services - ohne die Technologie dürfte es in naher Zukunft nicht mehr gehen. Vor allem im Dienstleistungsgewerbe und im verarbeitenden Gewerbe sehen die CFOs viele Anwendungsmöglichkeiten. Für den Maschinenbau ist die Verbesserung der Genauigkeit von Modellen und Szenarien der wichtigste Vorteil.
Zu wenige KI-Talente, zu wenig Sicherheit und Datenschutz
Generative KI soll vor allem die Produktivität, Margen und Effizienz verbessern (40%) sowie Kosteneinsparungen (37%) und neue Produkte (36%) ermöglichen. Jedoch fehlen aktuell noch die Fachkräfte und Datenschutzrichtlinien, um eine breite Nutzung zu ermöglichen. So sehen die befragten CFOs die stärksten Hemmnisse, generative KI einzusetzen, im Mangel an entsprechend ausgebildeten Fachkräften (53%).
Auch Datenschutz und wichtige Sicherheitsfragen sind bisher ungeklärt und somit für 39 Prozent ein Argument gegen GenAI. Obgleich - wie oben erwähnt - voller Anwendungsfelder für den Einsatz generativer KI, investiert das verarbeitende Gewerbe bisher vergleichsweise weniger in die neue Technologie als etwa der Dienstleistungssektor und hier vor allem die Banken.
"Die Ergebnisse zeigen klar, dass die Dringlichkeit für Künstliche Intelligenz auf der Vorstandsebene angekommen ist", sagt Dr. Björn Bringmann, Leiter AI Institute bei Deloitte. "Es wird jedoch ebenfalls deutlich, dass akuter Bedarf nach einer KI-Weiterbildung der Mitarbeitenden besteht, wenn sich die Firmen international behaupten wollen. Es sollte auch verstärkt darüber nachgedacht werden, wie der Standort Deutschland attraktiver werden kann - für entsprechende Experten aus dem Ausland, aber auch für deutsche 'Repatriats' und natürlich für lokale Talente, die es zu gewinnen und zu halten gilt."
Auch die Fragen rund um Nutzungsrechte von KI-Inhalten, Verantwortlichkeiten und Risiken, die z.B. potenziell aus den Trainingsdaten der Modelle entstehen können, müssten rasch geklärt werden, um der offensichtlichen Dringlichkeit dieses Megathemas gerecht zu werden. "Es mag noch viele Hemmnisse geben, mit denen Firmen ihre derzeitige Zurückhaltung begründen. Angesichts der unübersehbaren Dynamik, die dieses Thema international derzeit entfaltet, wäre es aber ein großer Fehler, einfach auf die Beseitigung der Hemmnisse zu warten", so Bringmann. "Es ist jetzt nicht die Zeit, um zurückhaltend zu sein."
Auch der Finanzfunktion fehlen Fachkräfte
Der zweite Schwerpunkt des CFO Survey widmet sich aktuellen Herausforderungen der Finanzfunktion im Personalbereich. So bestehen erhebliche Schwierigkeiten, ausreichend qualifizierte Mitarbeitende zu finden und interne Ressourcen mit ausreichendem innovativem Prozess-Know-how aufzubauen - vor allem die Finanzabteilungen in Großunternehmen und Akteure im Automobil- und Maschinenbau sind hier betroffen. Insgesamt sehen 70 Prozent der Befragten Engpässe bei ihren eigenen Ressourcen.
Ähnlich wie im KI-Bereich fehlt der Finanzfunktion kompetentes Personal, das die viel geforderte Kombination aus fachlichem und technologischem Wissen in Bezug auf neue digitale Technologien parat hat. Aktuelle Gehalts- und Arbeitsmodelle sind aus Sicht der Unternehmen hingegen keine besondere Herausforderung, nur für die Immobilienwirtschaft besteht akuter Handlungsbedarf. Der Mangel an technisch und digital versierten Fachkräften hemmt zudem den Ausbau der Prozess- und Systemlandschaft.
Outsourcing als eine mögliche Lösung wird bisher jedoch nur von einer Minderheit der Befragten genutzt. Wie zu erwarten, besteht die höchste Bereitschaft zum Outsourcing bei Routineaufgaben: Etwa ein Fünftel der Befragten nutzt diese Option bereits, ein weiteres Fünftel prüft dies. Immer mehr Unternehmen denken außerdem darüber nach, fehlendes eigenes fachliches Expertenwissen extern einzukaufen, etwas bei Daten- und Prozessmanagement, Transformations-Know-how oder Analytics. Hier kann die Outsourcing-Quote in den nächsten Jahren auf ca. 30 Prozent ansteigen.
Risiken verändern die Investitionsziele
Die Geschäftsaussichten für die kommenden Monate mögen düster scheinen, die Investitionsbereitschaft in deutschen Unternehmen ist indes ungebrochen. "Um dem lokalen Fachkräftemangel und hohen Lohnkosten vorzubeugen, legen die meisten Firmen ihren Investitionsfokus auf Effizienzsteigerungen, Digitalisierung und Automatisierung", sagt Rolf Epstein, Partner bei Deloitte und Leiter des CFO Program. "Aufgrund des aktuell hohen Zinsniveaus planen die Unternehmen, zur Finanzierung der neuen Investitionen vermehrt auf Innenfinanzierung auszuweichen."
Auch die Investitionsschwerpunkte verschieben sich, vor allem infolge der volatilen geopolitischen Risikolandschaft: So wollen drei Viertel der befragten Unternehmen in den kommenden drei bis fünf Jahren vor allem in Deutschland investieren, gefolgt von Europa und Nordamerika, wo insbesondere die Chemieindustrie stärker investieren will. Für den Maschinenbau rückt zudem Indien immer näher, auch für das verarbeitende Gewerbe werden Nordamerika und Indien immer attraktiver. Bei den exportorientierten Unternehmen liegen Nordamerika, Indien und Deutschland mit jeweils über 40 Prozent fast gleichauf.
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