Fußball-Kommentatorin Sabine Töpperwien: "Es gibt immer noch zu viele Machos"
Köln (ots)
Bei der Fußball-Europameisterschaft ist sie die Teamchefin der ARD-Radios: Sabine Töpperwien kommentiert seit über 20 Jahren Spitzen-Fußball im Radio und ist auch im Jahr 2012 noch eine Ausnahme. Kaum ein Job im Sportjournalismus immer noch so von Männern dominiert wie der der Kommentatoren. "Es gibt immer noch zu viele Machos in den entscheidenden Führungspositionen der einzelnen Medienanstalten", sagt Töpperwien im Interview mit dem Medienmagazin DWDL.de. Aber das sei nicht der einzige Grund.
Wenn am Freitag die Fußball-Europameisterschaft beginnt, werden nicht nur Millionen Menschen vor den Fernsehern sitzen. Auch das Radio hat dann Hochkonjunktur und seine ganz eigenen Reize. Warum, erklärt Radio-Kommentatorin Sabine Töpperwien: "Weil Kino im Kopf entsteht. Wenn sie authentische, tolle Reporter haben, dann können Sie zu Hause die Augen schließen und sie bekommen durch die Reporter Ihr Stadion für zu Hause: Das reizt alle Sinne. Wenn Sie fernsehen, können Sie sich ständig selbst ein Bild machen - da kann es viel schneller vorkommen, dass man vom Kommentator genervt ist."
Deshalb liebt die WDR-Mitarbeiterin ihren Job. "Wenn man in tollen Stadien sitzen und dabei aus vollem Herzen dieses live-haftige rausrufen darf, ohne sich vorher Stilblüten notiert zu haben, dann ist das absolut authentisch. Das ist wahrscheinlich auch einer der Gründe, warum die Fußball-Konferenz nach wie vor ein großes Aushängeschild des Radios ist - trotz einer derart schnelllebigen, vielfältigen Medienlandschaft hat das Radio immer noch seinen festen Platz." Doch egal ob im Radio oder Fernsehen: Während die Moderation oder das Interviewen nach dem Spiel längst auch von Kolleginnen absolviert wird, ist das Kommentieren eines Fußballspiels auch im Jahr 2012 noch eine Männerdomäne. Dafür gebe es zwei Gründe.
"Es gibt immer noch zu viele Machos in den entscheidenden Führungspositionen der einzelnen Medienanstalten. Die Männer wollen in ihrer Fußballwelt nach wie vor am liebsten unter sich bleiben und machen es den Frauen entsprechend schwer, Fuß zu fassen. Aber, und das ist der zweite Grund, es drängen auch zu wenige Frauen nach", stellt Töpperwien im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de fest. "Es ist natürlich ein Job, bei dem Sie nicht zu sensibel sein dürfen, bei dem Sie unglaublich viel Fachkenntnis mitbringen müssen und bei dem Sie, gerade wenn Sie Fußball im Radio machen, keine zwei Sekunden schweigen oder erst auf die Analyse eines Experten oder gar auf eine Zeitlupe warten dürfen. Ansonsten glaubt jeder Hörer, sein Radio sei kaputt. Sie müssen deshalb auch den Mut besitzen, sich schnell festzulegen. Vielleicht auch mal einen Schiedsrichter zu kritisieren oder gegen den Strom zu schwimmen und riskieren, mit zwei Augen mal etwas falsch gesehen zu haben."
Aber ob das etwas mit der Frage des Geschlechts zu tun hat? Laut Töpperwien schon. "Als Frau wird man komischerweise immer noch doppelt beäugt. Ich glaube auch, dass sehr viele Frauen nach wie vor sehr viel Respekt davor haben und sich deshalb gar nicht aufdrängen. Ich persönlich bin jetzt auch schon seit zwölf Jahren Hörfunk-Sportchefin beim WDR und würde keine Frau wegschicken, die sich bei mir bewirbt oder mir eine Demo-Kassette schickt und mir glaubhaft versichert: 'Hören Sie sich das doch mal an, mein Leben ist die Fußballreportage!' Wenn sie etwas drauf hätte, würde ich sie fördern - aber es hat sie bis jetzt noch nicht gegeben!"
Doch in den kommenden Wochen steht ohnehin erst einmal die Fußball-Europameisterschaft im Mittelpunkt. Die Radio-Kommentatorin sieht der EM mit gemischter Vorfreude entgegen. "Auf der einen Seite freue ich mich über jedes Fußball-Großereignis. Wenn die deutsche Fußball-Nationalmannschaft aufläuft und die Hymne gespielt wird, kriege ich nach wie vor Gänsehaut. Auf der anderen Seite schmälert es ein kleines bisschen die Vorfreude, dass zwei so unterschiedliche Gastgeber-Länder wie die Ukraine und Polen ausgewählt worden sind. Gerade was die Infrastruktur angeht, wird es kompliziert. Hinzu kommen verschiedene Zeitzonen, verschiedene Währungen, verschiedene Handynetze, sehr große Entfernungen. Von daher ist es gerade als Teamchefin, wo man für alle die bestmöglichen Arbeitsbedingungen schaffen möchte, ein zweischneidiges Schwert. Aber wenn das erste Spiel angepfiffen ist, bin ich mit dem Herzen Fußball-Fan."
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