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Universität Duisburg-Essen

IAQ-Studie: Mit Twinning den Wandel gestalten

Mit Twinning den Wandel gestalten

EU-Erweiterungs- und Nachbarschaftspolitik in der Justizverwaltung

In Twinning-Projekten vermitteln Expert:innen der öffentlichen Verwaltung vor Ort in den Partnerländern ihr Wissen aus bewährter EU-Verwaltungspraxis. Für ihre Dissertation hat sich Carolin Rama gemeinsam mit Prof. Dr. Ute Klammer, Professorin für Soziologie und Direktorin des Instituts Arbeit und Qualifikation IAQ der Universität Duisburg-Essen, damit beschäftigt, wie sich das Instrument seit seiner Einführung 1998 weiterentwickelt hat. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf Justiz-Twinnings sowie den Arbeitsbedingungen der öffentlich Bediensteten. Teile ihrer Ergebnisse sind im neuen IAQ-Report nachzulesen.

Das so genannte „Twinning“ ist ein seit 1998 etabliertes Instrument der Europäischen Kommission, um im Rahmen der EU-Erweiterungs- und Nachbarschaftspolitik Reformprozesse anzustoßen. Durch Partnerschaften zwischen EU-Mitglieds- und Partnerstaaten wird der dortige Aufbau öffentlicher Strukturen unterstützt. Für ihre Dissertation bei Prof. Dr. Ute Klammer, IAQ, untersuchte Carolin Rama die Weiterentwicklung von Justiz-Twinnings im Zeitraum 1998 bis 2019. Neben der Auswertung von Daten hat sie mit Hilfe eines Mixed-Methods-Ansatzes sowohl Expert:innen-Interviews als auch zwei Onlinebefragungen durchgeführt.

Im Sinne des für die EU-Außenbeziehungen zentralen Gedankens der Rechtsstaatlichkeit sind Twinnings im Bereich der Justiz besonders wichtig. Von 1998 bis 2019 wurden 225 Justiz-Twinnings seitens der EU-Kommission initiiert und durchgeführt. Deutschland war mit der Deutschen Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit (IRZ) an 40% der ausgeschriebenen Justiz-Twinnings beteiligt und hat sich somit eine Vorreiterrolle erarbeitet. Seit der geografischen Ausweitung des Instruments kommt es jedoch zu Verschiebungen im Wettbewerb der Mitgliedsstaaten, in dem Deutschland sich behaupten muss. Die Twinnings werden von der EU-Kommission öffentlich ausgeschrieben. Jeder der 27 Mitgliedsstaaten hat so die Möglichkeit, sich mit seiner öffentlichen Verwaltung für die Umsetzung im Partnerland zu bewerben – dieses entscheidet auch über die Auswahl des jeweiligen Twinning-Partners, was den Wettbewerb zwischen den Mitgliedsstaaten verstärkt. Die Länder, die für einen Twinning-Einsatz in Frage kommen, wie auch die Zielsetzungen des Twinnings, haben sich seit der Einführung des Instruments u.a. durch die EU-Osterweiterung weiterentwickelt: Ging es ursprünglich um die Unterstützung künftiger Mitgliedstaaten bei ihren Vorbereitungen auf den EU-Beitritt, steht heute die allgemeine Entwicklungshilfe im Mittelpunkt.

Problematisch ist für Deutschland laut Ramas Ergebnissen die Gewinnung von Expert:innen der öffentlichen Verwaltung für den Einsatz in den Partnerländern. Als Gründe nannten die Befragten u.a. (dienstrechtliche) Regelungen bei der Freistellung vom Dienst, Personalengpässe, hohe Arbeitsbelastung, mangelnde Sprachkenntnisse oder eine zu kurzfristige Planung der Twinning-Aktivität. Hinderlich ist auch, dass die Einsätze überwiegend keine Rolle in der Personalentwicklung spielen. Für die mitwirkenden Expert:innen ergibt sich keine Verbesserung ihrer Beförderungschancen. Eine Würdigung in der dienstlichen Beurteilung findet ebenfalls nur in Ausnahmefällen statt. Carolin Rama fasst zusammen: „Der Einsatz der Expert:innen steht in einem Spannungsverhältnis zwischen persönlichem Interesse und beruflichem Fortkommen. Die Motivation der Befragten gründet sich primär auf Eigeninteresse an der internationalen Zusammenarbeit, der Weitergabe der eigenen Expertise und dem Interesse, Kenntnisse über andere Justizsysteme zu erlangen.“ Kritisch anzumerken sei außerdem, dass die über das Twinning aufgebauten Partnerschaften nur selten über das Projektende hinaus weitergeführt werden. In Bezug auf die Nachhaltigkeit des Instrumentes besteht demnach Nachholbedarf.

Mit Blick auf das Engagement Deutschlands im Rahmen der Justiz-Twinnings empfehle es sich, die Expert:innen mit Hilfe einer verbesserten Wertschätzung und einer Anpassung des Dienstrechts zu stärken. Auch eine Änderung der Laufbahnverordnungen könnte helfen, Twinning-Einsätze attraktiver zu machen. Diese sollten außerdem als Vorbereitung für den späteren Einsatz als internationale Führungs- und Leitungskräfte in europäischen und internationalen Organisationen betrachtet werden. Hier sind deutsche Verwaltungsangestellte derzeit noch unterrepräsentiert.

Weitere Informationen:

Carolin Rama, Ute Klammer, 2024: Policy-Transfer in der EU-Erweiterungs- und Nachbarschaftspolitik – Einblicke aus einer Analyse deutscher Justiz-Twinnings. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Report 2024-12

Carolin Rama, Promovendin an der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften, carolin.rama@stud.uni-due.de , Prof. Dr. Ute Klammer, IAQ, ute.klammer@uni-due.de

Redaktion: Katja Goepel, Pressereferentin IAQ, Tel. 0203-37-91836, katja.goepel@uni-due.de

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