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Mittelbayerische Zeitung: Außenpolitik: Die Bundesrepublik hat sich von der internationalen Bühne großteils verabschiedet.

Regensburg (ots)

Im März 2010 erschien das Time Magazine mit einer Weltkarte auf dem Titel, auf der Europa nicht eingetragen war. Die Frage lautete: "Wo ist Europa geblieben?" Heute wäre die Frage schnell zu beantworten: Da, wo die Krise wohnt. Aber eine andere Frage wäre aus transatlantischer Sicht interessant: Wo ist eigentlich Deutschland geblieben? Die Antwort will in Berlin wohl keiner hören. Sie wäre wenig erfreulich. Einen Monat lang leitet die Bundesrepublik den UN-Sicherheitsrat, in dem sie für zwei Jahre Mitglied sein darf. Es könnte eine Art Bewährungsprobe werden. Themen gäbe es genügend, mit denen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Außenminister Guido Westerwelle Akzente setzen könnten. Das erste steht seit Samstag auf der Agenda: Die Gründung des neuen Staats Südsudan. Deutschland hat seine Unterstützung zugesichert. Was das genau heißen wird, muss sich erst zeigen, dennoch sind viele Konflikte mit dem Norden nicht gelöst. Die anderen Themen sind derweil wesentlich heikler: Der Libyen-Einsatz droht sich zu einem Endloskrieg auszuweiten. Es gibt noch keine Einigung über den Umgang mit dem Assad-Regime in Syrien, das weiterhin die Demokratiebewegung niederprügeln lässt. Es ist fast ironisch, dass ein Nein Russlands und Chinas ein hartes Vorgehen gegen Syrien verhindert - also eine Ablehnung durch jene Staaten, auf deren Seite sich Deutschland stellte, als es ein militärisches Eingreifen gegen Libyen im Sicherheitsrat ablehnte. Zwar wird auf deutscher Seite mantraartig betont, dass die deutsche Enthaltung im Sicherheitsrat keinerlei Schaden im Ansehen bei der internationalen Staatengemeinschaft hinterlassen habe. Einen bleibenden Eindruck als entschlossen handelnder Staat dürfte diese erste Aktion allerdings auch nicht gemacht haben. Andererseits: Wie könnte es auch anders sein? Mit dem Rückzug von Westerwelle als FDP-Vorsitzender und als Vizekanzler ist sein politisches Gewicht auch international geschwunden. Seit der Enthaltung in der Libyen-Krise hat er auch wenig von sich hören lassen. Dass er nun, da Deutschland den Sicherheitsrat leitet, das Thema Kindersoldaten auf die Tagesordnung hebt, ehrt ihn zwar. Aber gleichzeitig packt er damit ein Pro-blem an, das auf internationaler Ebene völlig unstrittig ist. Die heißen Eisen bleiben erst einmal liegen. Wie lange das gut geht, wird sich zeigen, wenn die Palästinenser den Antrag auf eine UN-Mitgliedschaft stellen - was noch in diesem Monat der Fall sein wird. Derweil macht die Bundesregierung von sich reden, weil sie Panzer nach Saudi-Arabien verkauft. Zwar gibt es immer noch keine Bestätigung des Deals, aber zumindest hat Berlin erkennen lassen, dass Israel und die USA ihr Plazet dazu gegeben haben - was die Sache an sich nicht besser macht. Denn die Frage, wie sich der Widerspruch zwischen der Unterstützung der Demokratiebewegung in Nordafrika und dem Nahen Osten einerseits mit der Lieferung von Hightech-Waffen, die prima auch für den Einsatz gegen Demonstranten umgerüstet werden können, lösen lässt, bleibt weiter unbeantwortet. Die Kanzlerin selbst hat sich ebenfalls schon länger ins innenpolitische Exil verabschiedet. Wer nach der Führung Deutschlands in der Euro-Krise sucht, findet vielleicht einen Nicolas Sarkozy oder einen Wolfgang Schäuble, aber keine Angela Merkel. Ihre derzeitige Afrika-Reise soll zwar wirtschaftliche Beziehungen stärken, aber die Erfolge dürften eher gering bleiben. Die Märkte in Afrika sind bereits fest in anderen Händen - etwa in denen Chinas. Freilich: Ganz von der außenpolitischen Landkarte ist Deutschland nicht verschwunden. Man findet es noch - allerdings nur mit einer großen Lupe. Merkel und Westerwelle sollten diesen Juli nutzen, um das zu ändern.

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