Mittelbayerische Zeitung: Schlachtfeld Schuldenobergrenze Leitartikel um US-Haushaltsstreit
Regensburg (ots)
Nach der Wahl ist vor der Wahl: Seit US-Präsident Barack Obama bei den Zwischenwahlen im November 2010 die Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren hat, ist er auf die Republikaner angewiesen. Und seit diesem Zeitpunkt betreiben die ultrakonservativen Tea-Party-Abgeordneten eine Fundamentalopposition, die sich gewaschen hat. Derzeitiges Schlachtfeld: der Kampf um die Erhöhung der Schuldenobergrenze. Erklärtes Ziel der Ultrakonservativen: Die "Rückeroberung" der USA und deren Befreiung aus den "Fängen" eines Präsidenten, der eine unverantwortliche Schuldenpolitik betreibt und unsinnige Investitionen in die Gesundheit von Millionen US-Bürgern tätigt. Der Schuss könnte für die Republikaner am Ende nach hinten losgehen. Zugegeben: Nicht nur die Republikaner fahren derzeit schwere verbale Geschütze auf, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Doch der Zermürbungskrieg, den die Republikaner führen, zeigt nur eins: Es geht längst nicht mehr um die Sache, sondern darum, im kommenden Jahr den nächsten Kampf, nämlich die Präsidentschaftswahlen, zu gewinnen. Die Schuldenobergrenze ist - obwohl der Kongress auch über den Haushaltsprozess die Staatsausgaben kontrollieren kann - traditionell ein beliebtes Mittel parteipolitischer Profilierung und regelmäßig Wahlkampfschlachtfeld. So hatten 1995 etwa die Republikaner den demokratischen US-Präsidenten Bill Clinton erpressen wollen, sind damit aber gescheitert. Da der Präsident nicht auf die Forderungen der Republikaner nach Steuererleichterungen für Wohlhabende und nach Kürzungen von sozialen Programmen einging, verweigerten ihm die Republikaner, die den Kongress kontrollierten, die Zustimmung zur Erhöhung der Schuldenobergrenze. Die Folge: ein dreimonatiger "Shutdown" der Regierung und unbezahlter Urlaub für solche Beamte, die nicht unbedingt notwendig waren. Bill Clinton gelang es daraufhin, die Schuld für die Zahlungsunfähigkeit der USA den Republikanern in die Schuhe zu schieben. Am Ende ging der Demokrat als strahlender Sieger dieser Auseinandersetzung hervor. Mit einem überragenden Ergebnis wurde Bill Clinton 1996 als US-Präsidenten bestätigt. Zweifelsfrei ist die Forderung der Republikaner nach der Konsolidierung der Staatsfinanzen sinnvoll und notwendig. Doch mit ihrer Zustimmung zum Fiskalpaket haben sie im Dezember 2010 selbst grünes Licht für Ausgaben gegeben, die den Staatshaushalt nun zusätzlich belasten. Es ist unehrlich, wenn die Republikaner nun der Anhebung der Schuldenobergrenze nur dann zustimmen wollen, wenn Ausgaben gekürzt werden. Wessen Geistes Kind die rechten Republikaner sind, wird deutlich, wenn man betrachtet, wo sie Spielraum für Ausgabenkürzungen sehen: nämlich bei der medizinischen Versorgung, bei Hilfsprogrammen für Arme und bei der Sozialversicherung, während Steuerschlupflöcher für Hedgefonds-Milliardäre aber tunlichst bestehen bleiben sollen. Die Republikaner sollten einen Blick in die Geschichtsbücher werfen - und sich an ihre Niederlage vor 15 Jahren erinnern. Sonst laufen sie und vor allem die Anhänger der Tea-Party-Bewegung Gefahr, am Ende erneut als Verlierer vom politischen Schlachtfeld Schuldenobergrenze zu ziehen.
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