Mittelbayerische Zeitung: Zum angedrohten Streik der Fluglotsen
Regensburg (ots)
Eine 25-Stunden-Woche, 50 Tage Jahresurlaub, 10 000 Euro Monatsgehalt - wer träumt nicht von Arbeitsverträgen wie sie die deutschen Fluglotsen haben? Und trotzdem wollten die "Herren der Lüfte" heute streiken. Das ist ihr gutes Recht - auch, wenn sie davon ausgerechnet jetzt, mitten in der Haupturlaubszeit, Gebrauch machen und ihre Arbeit ruhen lassen wollten. Dass die Großverdiener damit nicht nur ihren Arbeitgeber getroffen, sondern auch und vor allem den Bauarbeiter und die Verkäuferin "in Geiselhaft" genommen hätten, die das ganze Jahr über gespart haben, um ihren Urlaub unter südlicher Sonne zu verbringen, nahmen sie offenbar billigend in Kauf. Ein solche rüde Vorgehensweise ist zwar nicht rechtswidrig, aber durchaus fragwürdig und musste in der breiten Öffentlichkeit geradezu auf Unverständnis stoßen. Dies umso mehr, als es bei dem Tarifkonflikt zudem - ausnahmsweise - nicht ums Geld geht. Es geht unter anderem um Überstunden, die die Fluglotsen seit geraumer Zeit leisten müssen, weil in den vergangenen Jahren zu wenig Personal für die Tower und die Kontrollzentren ausgebildet wurde. Das mag zwar ärgerlich sein. In den Ohren derer, die nicht minder verantwortungsvolle Berufe ausüben und für die 40 Stunden und mehr das wöchentliche Brot sind, muss der Ruf nach einer strikten Einhaltung der Regel-Arbeitszeit aber wie blanker Hohn klingen. Dennoch: Unabhängig von aller Rücksichtslosigkeit und abstrus anmutendem Anspruchsdenken - ein Kompliment muss man den Funktionären der Gewerkschaft der Flugsicherung machen. Einen besseren Zeitpunkt, um ihre Ansprüche anzumelden, hätten sie sich nicht aussuchen können. Allerdings ist diese Strategie nicht ganz neu: Das Personal der spanischen Flughäfen hat es ihnen vorgemacht - erst im April dieses Jahres, kurz vor Beginn der Osterzeit. Dort wurde zwar letztlich auch nicht gestreikt, aber auch dort konnte sich die Gewerkschaft am Ende durchsetzen. So weit sind die deutschen Arbeitnehmervertreter noch nicht ganz, ihre Chancen stehen trotz des Richterspruchs von gestern allerdings nicht schlecht.
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