Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel der Mittelbayerischen Zeitung zum Milliardenspiel der Fußball-Bundesliga
Regensburg (ots)
Spiel für Millionen - Spiel ohne Grenzen?
Die Fußball-Bundesliga setzt neue Rekordmarken. Ein Sport schwelgt in seiner Bedeutung.
Von Heinz Gläser
Siehe da! Es wird doch nicht alles zu Gold, was der Deutsche Fußball-Bund (DFB) anpackt. Die Frauenfußball-WM im eigenen Land war zwar insgesamt sportlich und wirtschaftlich ein Erfolg. Letztlich aber darf der Versuch als gescheitert erachtet werden, die wenigen verbliebenen Konkurrenten - sprich anderen Publikumssportarten - in der öffentlichen und medialen Wahrnehmung gänzlich ins Abseits zu drängen und den lukrativen Sportmarkt hierzulande allein für die Kicker zu okkupieren. Schuld war das eher dürftige Abschneiden der deutschen Elf. Jetzt dürfen wieder die Männer ran, und das Getöse rund um den Start der 49. Bundesliga-Saison ist gewaltig. Reinhard Rauball, der Präsident der Deutschen Fußball Liga (DFL), wirft mit Superlativen um sich, als wären sie Fanartikel-Ramsch. Er erwartet nicht mehr und nicht weniger als "eine grandiose Saison in der spannendsten Liga Europas". Die Bundesliga hat die italienische Serie A in der maßgeblichen Fünfjahreswertung des europäischen Verbandes Uefa bereits überrundet. Jetzt nehme man Spaniens Primera División ins Visier, tönt Rauball. Vor nicht allzu langer Zeit galt ein solches Vorhaben noch als äußerst kühn, ja unrealistisch. Übersetzt in die Sprache des Sports könnte man sagen: Rauball & Co. strotzen so vor Kraft, dass sie kaum mehr laufen können. Aber die Zahlen untermauern ja dieses Selbstbewusstsein. Rund eine halbe Million Dauerkarten haben die 18 Erstliga-Klubs an die zahlende Kundschaft gebracht. Rekord - natürlich. Knapp 13 Millionen Fans pilgerten bereits in der vergangenen Saison in die modernen Arenen. Auf dem Transfermarkt investierten die Vereine bislang 132 Millionen Euro - gewiss eine gewaltige Summe, die aber auch für wirtschaftliches Augenmaß spricht, weil sie deutlich unter der Höchstmarke von 2007 (194 Millionen Euro) rangiert. Seit Jahren prophezeien Experten, das Geschäft mit der Ware Fußball werde an seine Grenzen stoßen. Indes: Diese sind noch nicht in Sicht. Die Bundesliga hat sich konsequent als familientaugliches "Premiumprodukt" (Rauball) etabliert. Hässliche Begleiterscheinungen des Fußballs wie Gewaltexzesse und Alkoholmissbrauch sind mittlerweile die Ausnahme, die Hooligans haben die unteren Ligen zu ihrer neuen Spielwiese erkoren. Aber hinter der glatt polierten und gefälligen Fassade lauern doch ein paar Gefahren. Mit RB Leipzig schickt sich ein weiterer Retortenklub an, dank großzügiger finanzieller Unterstützung eines potenten Sponsors irgendwann in die Beletage des deutschen Fußballs einzuziehen, wie dies der VfL Wolfsburg und 1899 Hoffenheim vorgemacht haben. Die heftigen Debatten über den Verlust der Identität und Authentizität dieses Volkssports toben nicht mehr nur in den Zirkeln der hoffnungslosen Fußball-Romantiker. Greifbar wurde dies in der - allerdings absurden - Diskussion um die Verpflichtung von Nationaltorhüter Manuel Neuer durch den Branchenprimus Bayern München. Die DFL hat offenbar die Gefahr erkannt, das Rad zu überdrehen. Einer weiteren Zerfaserung ihres Spielplans zum Zwecke der Profitmaximierung auf dem TV-Rechtesektor hat die Liga eine klare Absage erteilt. Auch das ist ein Signal der Stärke. Die Bundesliga hat solche Zugeständnisse an ihre Fernsehpartner gar nicht mehr nötig. Es wird ohnehin (fast) alles zu Gold, was sie anfasst.
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