Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Russland/Wahlen von Ulrich Krökel
Regensburg (ots)
Das im Westen beschworene "Erwachen Russlands" entwickelt sich zu einer eher müden Angelegenheit. Eine Woche vor der Präsidentenwahl kamen am Samstag nur noch rund 10 000 Menschen zur Anti-Putin-Demonstration in St. Petersburg. Schwerer noch wiegen die Umfragewerte. Selbst das kremlkritische Moskauer Lewada-Institut verheißt Wladimir Putin einen Wahlsieg mit zwei Drittel der Stimmen. Schon wahr: Hinter den 80-Prozent-Werten der Vergangenheit bleibt Putin zurück. Zudem ist sein zu erwartender Erfolg vor allem der Manipulationsmaschinerie der Staatsmedien geschuldet. Aber wahr ist auch: Die im Westen starkgeredete Opposition findet (noch) kein Mittel gegen die gelenkte Demokratie. Russland ist nicht Nordafrika. Einen Frühling der Revolution wird es nicht geben. Die protestierende neue Mittelschicht ist nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. In den entlegenen Regionen können die Menschen mit Blogs und Facebook-Rebellionen wenig anfangen. Hinzu kommt der eklatante Mangel an Führungspersönlichkeiten in der Opposition. In Petersburg waren es am Samstag der ehemalige Schachweltmeister Garri Kasparow und der Blogger Aleksej Nawalni, die in der ersten Reihe marschierten. Mehr als mutige Sonderlinge sind sie nicht. Und auch der Milliardär Michail Prochorow, der gegen Putin antritt, ist lediglich ein Zählkandidat. Russlands Perspektiven sind unklarer denn je. Klar ist nur eines: An Wladimir Putin führt auf absehbare Zeit kein Weg vorbei.
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