Mittelbayerische Zeitung: Blind oder geblendet?
Regensburg (ots)
Von Christian Kucznierz
Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz hat Respekt verdient. Selbst wenn Heinz Fromm an der Sache selbst keinen Anteil gehabt hat, so macht sein Rücktritt nach zwölf Jahren an der Spitze der Behörde den Weg frei für Ermittlungen, an deren Ende der Verfassungsschutz reformiert sein muss. Er muss von verkrusteten Strukturen bereinigt sein, die einen Skandal wie den vorliegenden erst ermöglicht haben. Er muss so transparent wie möglich arbeiten. Und er muss effizienter sein. Wie reformbedürftig die Behörde ist, zeigt der aktuelle Fall. Warum wurden die Akten des Thüringer Verfassungsschutzes, die Hinweise auf die Rechtsterroristen der NSU enthielten, genau zu der Zeit vernichtet, als der Generalbundesanwalt die Ermittlungen gegen die NSU-Mordserie an sich zog? Es gibt dafür nur zwei mögliche Gründe: Entweder hatte der zuständige Referatsleiter die Bedeutung der Akten nicht erkannt. Oder aber er hat sie bewusst verschwinden lassen, um Versäumnisse zu vertuschen. Beides aber darf bei einem derart heiklen Fall nicht sein. Die Blutspur des rechten Terrors, die sich zehn Jahre lang unentdeckt durch die Republik zog, ist peinlich genug für die deutschen Sicherheitsbehörden. Ein Unvermögen oder eine bewusste Täuschung im Zuge der Ermittlungen würde dem ganzen Fall eine neue Dimension geben. Sie würde nicht nur die Behörde, die unseren Staat vor Gefahren im Inneren schützen soll, in Verruf bringen. Auch der Staat selbst müsste sich fragen lassen, ob er nicht doch auf dem rechten Auge blind ist - und ob er von einem Teil derer geblendet wurde, die eigentlich genau hinsehen sollten.
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